58/Niemand/NIEMAND anderer als Willi Kollar!; Bericht: Eva Riebler-Übleis

Eva Riebler-Übleis

NIEMAND anderer als Willi Kollar!

Eva Riebler-Übleis zum Ausstellungskatalog KOLLAR (Galerie Vienna, Mödling, mit einem Vorwort von Makis Warlamis/Kunstmuseum Waldviertel, 72 Seiten ISBN 978-3-200-01626-2) und zur Ausstellung Abstrakte Welten in der Altstadtgalerie Hall/Tirol, Schlosserg. 6 (zu sehen bis 15. Nov. 2014, Di-Sa).

Er wurde 1950 in St. Pölten geboren, war kurzzeitig Hauptschullehrer und lebt seit 20 Jahren mit der Malerin Eleonore Hettl sehr zurückgezogen in einem zum Atelier umgebauten Wirtshaus in der Nähe von Waidhofen a.d.Thaya. Beide sind Mitglied des Künstlerbundes St. Pölten. Er begann seine Ausstellungstätigkeit 1989 in der Kleinen Galerie St. Pölten und bei der Kunstmesse in der Wiener Hofburg (Galerie Rondula) und ist heute in zahlreichen Galerien vertreten (Rondula Wien/Lienz, Galerie Andreas Lendl Graz, Art Larson Salzburg, Prisma Wien, Angerer Schwaz) und u. a.; seit über 20 Jahren (erstmals 1993) in der Galerie Maringer
St. Pölten. 2001 kam im Heimatmuseum Waidhofen an der Thaya der 40-seitige Katalog „Wilhelm Kollar: Neue Arbeiten, ISBN 3-902162-00-7 mit einem profunden Vorwort von Mathias F. Müller heraus.

Kein Künstler will ein NIEMAND sein. Sein Werk hebt ihn aus der Anonymität heraus, frei nach dem Motto: Was aber bleibt stiften die …Besonders wenn er Wilhelm Kollar heißt und quasi Vollblut-Zeichner und –Maler ist.

Nichts entgeht seiner Beobachtungsgabe und seinem Raumgefühl. Zeichnet er, so beachtet er auch den Negativraum; malt er, so finden wir ebenfalls den Raum, in dem seine Figuren auftauchen oder ein- und untertauchen. Werke ohne Raumdarstellung gibt es quasi nicht, auch wenn der Hinter- oder Vordergrund vor allem bei den zahlreichen Aktzeichnungen leer erscheint. Die Figur ist trotzdem in den Raum gesetzt und tritt uns direkt und körperlich gegenüber. Dazu braucht Wilhelm Kollar keine Augen, die den Betrachter anschauen oder sich von ihm wegdrehen. Auch wenn die Figur, die vor dem Künstler positioniert ist, eine individuelle ist, in seiner Darstellung wird sie allgemeingültig und entpersonalisiert – sozusagen vom Jemand zum NIEMAND. Niemals möchte Kollar ein erkennbares Portrait malen. Dies liefe seinem raschen Malduktus und seiner Gestik zuwider! Zwingen müsste er sich dazu! Aber das widerstrebt ihm sicher, denn dann hätte er sich bereits vor 25 Jahren gezwungen sogenannte „Verkaufsbilder“ zu malen, die dem Geschmack des/der Durchschnittskäufers/in entgegen kämen. Und so bleibt Kollar sich stets selber treu und wird in seinem Habitus, seiner Strich- und Pinselführung maximaler und intensiver.

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© Wilhelm Kollar/Radikal verkehrt

Chaos, wie das das Katalog-Vorwort von Makis Warlamis (ebenfalls ein Maler aus dem Waldviertel) behauptet, herrscht auf seinen Bildern keinesfalls! Vielmehr Präzision und den Willen zur Form- und Figurgestaltung, die durch Verdichtung und Verwischung verdeckt und nur erahnbar wird. Die menschliche Figur ist in der Malerei stets Bildinhalt. Kollar bringt sie oft als letzte Strichführung zum Vorschein, sei es durch kräftiges Herauskratzen oder er akzentuiert sie mit lockerem Gestus.

Genauso locker und doch präzise sind seine Aktzeichnungen mit farbiger, oft wasserlöslicher, Caran Dache Kreide und zeigen genauso wenig einen „ambivalenten Werdeprozess“ (den behauptet Warlamis, hervorgehend aus „vager Erinnerung und Farbkomposition“). Vor allem die Akte zeugen von der Direktheit und Impulshaftigkeit. Nichts wird im Nachhinein geschönt oder verändert. Sie kommen in zwei bis drei Minuten aufs Blatt und zeigen die Kraft, die dem Model und dem Zeichner Kollar innewohnen.

Kein Rötel oder schwarzer Kohlestift alleine genügen Kollar als Aktzeichner! Nein, so wie in seiner Malerei bedarf er automatisch der Farbwelt! Die Figuren werden in Gelb, Grün, Lila Orange … angelegt und akzentuiert. Diese Zeichnungen finden wir bruchlos in seiner Malerei wieder, oft in den gleichen Farbintensitäten, nur in Acryl kommt natürlich das Weiß als Konturfarbe (das ja auf dem weißen Papier nicht möglich wäre) dazu. Die Farbe ist für Kollar unverzichtbarer Bestandteil und tritt in Interaktion mit der Form. Seine Formen sind oft ins Bild Geworfene, wie es die Menschen ins Leben sind. Daher kann man sagen, er ist nahe am Alltagsleben wie Weltgeschehen, so aufregend bunt oderdramatisch düster seine Bilder auch sein mögen.

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© Wilhelm Kollar

Ein Manko des Kataloges, der in der Altstadtgalerie Hall aufliegt: Leider sind die Aktzeichnungen in der den Katalog abschließenden Legende weder angeführt noch gibt es bei den großformatigen Malereien irgendwelche Jahreszahlen.

Gott sei Dank sind die Titeln vorhanden, geben sie doch Aufschluss darüber, dass der Künstler ganz klar vom Gegenständlichen, vom Menschen, genauer gesagt vom weiblichen Akt – ausgeht, auch wenn die Titel „Erleuchtung“ S. 22, Auflösungserscheinung“ S. 36 oder „Leicht und schwer“ S. 15 und „The Vous Carré“ heißen. Wenn man die Bildinhalte nicht entschlüsseln kann, so helfen ja auch Titeln der Tempera-Arbeiten wie „Beabsichtigte Irritation“ oder „Süsses Geheimnis“ (beide 2000 und im Katalog Heimatmuseums Waidhofen) weiter!

Es bleibt Wilhelm Kollar zu seinem Werk und zu seiner unbeugsamen Haltung gegenüber seiner inneren Klarheit und seiner ihm eigenen Abstraktion zu gratulieren!