63/Alles Theater/Bericht: Landespreisträger 2015
Bereits seit 55 Jahren vergibt das Land Niederösterreich Kulturpreise in unterschiedlichen Sparten, seither wurden bereits über 1.000 Preise gezählt. Stets wählt eine fachkundige unabhängige Jury die Preisträgerinnen und Preisträger aus den zahlreichen Einsendungen aus und der ORF stellt diese mit kurzen Videos dem Publikum vor. Heuer wurden je ein Würdigungspreis und zwei Anerkennungspreise in acht Sparten – Bildende Kunst, Literatur, Darstellende Kunst, Kunstfilm (künstlerischer Spielfilm oder künstlerischer Dokumentarfilm), Musik, Volkskultur und Kulturinitiativen, Erwachsenenbildung sowie erstmals Kultur- und Wissenschaftsjournalismus (Sonderpreis 2015) – verliehen. Die Kulturpreise sind mit 11.000 Euro (Würdigungspreis) und 4.000 Euro (Anerkennungspreis) dotiert. Bei der Kulturpreisverleihung im Festspielhaus St.P. war Eva Riebler-Übleis für die LitGes mit dabei. Mit diesem Preis wollen wir besondere Leistungen der Öffentlichkeit bewusst machen, erklärte Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll. Vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingssituation in Österreich und Europa hob die österreichische Regisseurin, Schauspielerin, Theaterleiterin und Autorin Univ.-Prof. in Mag. a Anna Maria Krassnigg in ihrer Gastrede die Notwendigkeit von Kunst und Kultur hervor. Kunst könne zwar keine Probleme lösen, aber Empathie für die Fragestellungen unserer Zeit erzeugen. Auf Seite 12 ein Kurzinterview anlässlich dieser Preisverleihung mit Sabine Daxberger-Edenhofer, die den erstmals verliehenen Anerkennungspreis für Kultur- und Wissenschaftsjournalismus erhalten hatte.
Preisträgerinnen und Preisträger des Jahres 2015
Bildende Kunst
Würdigungspreis Univ.-Prof.in Mag.a Brigitte Kowanz
Anerkennungspreis MMag.a Lisa Kunit
Anerkennungspreis Mag.a Stephanie Pflaum
Literatur
Würdigungspreis Dr. Robert Menasse
Anerkennungspreis Mag.a Dr.in Isabella Breier
Anerkennungspreis Robert Kraner
Darstellende Kunst
Würdigungspreis Mimi Wunderer-Gosch
Anerkennungspreis Jugendstil – Theater, Kunst und Kultur
für Jugendliche
Anerkennungspreis Rabauki – Verein zur Förderung von
Theater, Kunst und Kultur für Kinder
Kunstfilm (künstlerischer Spielfilm oder künstlerischer Dokumentarfilm)
Würdigungspreis Manfred Neuwirth
Anerkennungspreis MMag.a Christine Moderbacher
Anerkennungspreis Mag.a Katharina Posch, Mag. Daniel Hoesl
Musik
Würdigungspreis Mag. Franz Thürauer
Anerkennungspreis LA BIG BAND
Anerkennungspreis Mag. Daniel Muck
Volkskultur und Kulturinitiativen
(gesponsert von der Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien und der Novomatic AG)
Würdigungspreis Norbert Hauer
Anerkennungspreis Passionsspiele Dorfstetten
Anerkennungspreis FineArt Galerie Traismauer
Erwachsenenbildung (Franz Stangler-Gedächtnispreis)
Würdigungspreis Dipl.-Päd. Ing. Hans Rupp
Anerkennungspreis Öffentliche Bücherei Sitzenberg-Reidling
Anerkennungspreis AGRAR PLUS GmbH
Kultur- und Wissenschaftsjournalismus – Sonderpreis 2015
Würdigungspreis Erich Klein
Anerkennungspreis Mag.a Sabine Daxberger-Edenhofer
Anerkennungspreis Mag. Ewald Baringer
Kulturpreisverleihung NÖ 2015 Sparte Literatur
Bericht und Portraits von Eva Riebler-Übleis
Robert Menasse
Ist ein hervorragender Essayist, der vor unliebsamen Aussagen und brennenden Themen nicht zurückscheut. Er nimmt sich nie ein Blatt vor den Mund, sondern benützt es als Material für seine unbequemen Aussagen. Nachzulesen in seinem 1990 erschienen Essayband „Die sozialpartnerschaftliche Ästhetik“ und „Erklär mir Österreich. Essays zur österreichischen Geschichte“. Da er das lange und das kurze Erzählen und Philosophieren liebt (mein Lieblingswerk „Don Juan de la Mancha“ aus 2010) seien seine weiteren der bisher im Suhrkamp oder Residenz Verlag erschienenen Romane („Sinnliche Gewissheit“, „Selige Zeiten, brüchige Welt“, „Schubumkehr“, „Die Vertreibung aus der Hölle“, „Ich kann jeder sagen“) dem Leser ans Herz gelegt. Naturgemäß diskutieren und erörtern in den Werken eines so bedeutenden Essayisten die Romanfiguren das harte Leben wie die Sinnlichkeit oder Erotik, nicht nur im ersten Roman aus 1991 mit dem Titel „Sinnliche Gewissheit“! Eine wirklich spannende Literatur, die stets in die Tiefen seiner selbst und seines Selbst - auch die des Lesers - mit vielfältigen Verweisen und Vernetzungen weist. Er ist, geboren 1954 und wohnhaft in Wien, neben Franz Schuh (mein Lieblingsbuch: „Memoiren: Ein Interview gegen mich selbst“, Zsolnay 2008) ein besonderer Eckpfeiler der österreichischen Gegenwartskultur und –literatur.
Isabella Breier
Gebürtig aus Gmünd/NÖ 1976, wuchs sie in Wels/OÖ auf und studierte Germanistik/Philosophie in Wien. Als Brotjob ist sie DaF/DaZ-Dozentin/Trainerin und veröffentlicht seit 2007 zahlreiche Lyrik und Prosa in Anthologien und Zeitschriften sowie Romane: „Anfang von etwas“,2014 Berger Verlag, „Prokne & Co.“ erschienen 2013 bei kitab und rezensiert im etcetera 59, sowie ebenfalls 2013 „Allerseelenauftrieb“ im Mitter Verlag und „Interferenzen“ 2008 bei kitab. Sie lebt in Wien und Oaxaca, Mexiko. Erhielt etliche Literaturstipendien und -preise. Sie hat die Leichtigkeit der Sprache erfasst und legt den bedeutungsschwangeren Schwerpunkt in das Beziehungsgeflecht der handelnden Personen. Es geht in den Romanen und Prosastücken genauso wie in der Lyrik um die Themen Liebe - Leid - Liebesleid, Freundschaft oder Verwandtschaftsverhältnisse. Die menschliche Begegnung und nicht die philosophischen Gedanken stehen im Vordergrund. Bei Prokne & Co. nähern sich z.B. die zwei Hauptfiguren auch örtlich diametral und daher ist das Werk von vorne und von hinten zu lesen. In der Mitte des Bandes treffen die beiden aufeinander, geführt und begleitet von zwei sprechenden, erzählenden Singvögeln. Ein ungewöhnlicher Aufbau und eine ungewöhnliche Lyrikerin, die vor einer wohltuenden Groteske in bestechend klarer Sprache auch nicht zurückscheut! Sie legt vor allem in ihrer Lyrik ein rasantes Tempo vor, verknappt die Inhalte wie die Sprache und hetzt oder taumelt ungeschminkt voran. Kein Schmerz ist zu hoch, um besprochen zu werden und keine Bravheit oder Blödheit zu gering, um kräftig attackiert zu werden. Spricht sie mit leiser Stimme oder beruhigend, so wartet man nur auf die umso stärkere Explosion der Worte und Inhalte. Der Ausdruck ist stets direkt und radikal und angenehm sparsam, auch bei der Verwendung von Adjektiven. Daher ist vor allem ihre Lyrik hochrangig und explizit empfehlenswert!
Zwei Lyrik-Beispiele zum Kennenlernen. Die Verknappung, die Pointe am Ende oder die Ich-Form in „der Lover“ verstärkt den Eindruck der Abweisung gewaltig: der Lover, der auf keines meiner paktangebote reagiert / statt dessen seine hörner ölt / mit après-sun vom drogeriemarkt Und als zweites Beipiel: die Wunschliste, die dem Himmel entgegen geschleudert wird, vergebens, denn auf Wolken / da liest kein Schwein Listen