76-77/Stern/Unstern/Heftkünstlerin/Joanna Gleich
Liebe Joanna, Du malst seit Jahren abstrakt, meist auf Leinwand oder Papier/Karton/...
Gemalt habe ich immer. Abstrakt deit dem Eintritt in die Akademie. Da kann ich mein Maltemperanent ausleben!
Wann war dieser, Dein, abstrakte Malstil der Innbegriff des Neuen, des Andersartigen?
Als ich nach Österreich 1979 kam, war hier die Trennung zwischen Abstrakten und Phantastischen Realisten sehr groß. Eine Polarisierung zwischen zwei Kunstrichtungen. Damals war aber für mich vorrangig, die Sprache zu lernen, ich wollte es gleich auf höchstem Niveau machen, um mich über Kunst unterhalten zu können, daher studierte ich Dolmetsch.
Wann war dieder abstrakte Stil oder du einer großen Kritik ausgesetzt?
Meine Professoren Wolfgan Hollegha und Josef Mikl wurden damals schon angergriffen. Ich eigentlich nie. Abstraakt ist für mich alles, was gemalt worden ist. Ich bezeichne meine Malerei nicht als abstrakt, sondern als ungegenständlich.
Hast Du, wenn Du vor der leere Leinwand stehst, ein Thema?
Manchmal habe ich, manchmal nicht. Wenn ein Thema von außen kommt, setze ich mich sehr intensiv auseinander.
Ist das Malen für dich sinnlich, expressionistisch?
Nein, ich male wohlüberlegt. In der Malaktion selbst bin ich sehr spontan. Wenn ich weiß, wo der Strich hinkommt, ist er expressiv"
Vom individuellen Entwurf zum Wurf?
Die Komposition überlege ich vrher. ich lege fest, ob das Bild z.B. in dunklen Tönen ist. Ob die Tagesverfassunf wichtig ist, kann ich nicht sagen. Vom ersten gesetzten Fleck, beginnt meine Phantasie zu arbeiten. Ich liebe die offenen Bilder. Wenn es gelingt, ist es die große Satisfaktion! Ich suche immer noch nach DIESEM BILD! Das Wort IDEAL möchte ich nicht sagen, weil ich die BRÜCHE sehr schätze.
Arbeitest Du grundsätzlich gerne in Serien oder ...?
Ich fange als Serie an, wenn das Thema verhungert, lasse ich es. as Thema und der Geist des "Tiepolo" (Freskenmaler 1696-1770) verfolgt mich immer noch. Damals, 2007-08 waren ein paar Bilder zum Thema "Tiepolo" gefordert, bzw. in Auftrag gegeben worden. Es hat mich gepackt. Ich malte 25 Werke, statt 2 oder 3! Es war der Anlass großformatig zu malen (wie seine Fresken ja auch sind.) Ich malte 3,5m x 2m! Vor allem das Blau interessiert mich heute noch.
Du bist hochproduktiv, kannst Du manche Malphasen als manisch bezeichnen?
Ich mag das Wort produktiv nicht, das ist aus der Kapitalismus-Produktion. Ob manisch oder nicht. Es macht mir Freude! Manchmal mache ich sehr lange (3 Monate als meine Mutter starb) nichts. Aber auch die manischen Leute sind normal!
Hast/hattest Du in Deiner Familie Maler?
In meiner Familie in Polen malt niemand. Die Eltern waren Lehrer und haben mir keine Stöcke zwischen die Beine geworfen. Ich durfte auf das Kunstgymnasium gehen. Mit der Matura war ich gleichzeitig „Techniker für Ausstellungswesen“.
Welches Bild/welcher Maler haben für Dich Ewigkeitscharakter?
Wilhelm Thurner, er verzichtete im Spätwerk auf die Alibi-Schiffchen, auf die Gegenständllichkeit. Für mich ist er bereits ein abstrakter Maler! Oder die Maler des Deutschen Expressionismus, z.B. Kadinsky von den Blauen Reitern, gilt für mich als der erste Abstraktionist! Schon als Schülerin war die Farbe im Sinne von Color für mich wichtig!
Welche Deiner Werke hat Ewigkeitscharakter für Dich?
Immer das aktuelle.
Hast Du ein pädagogisches Konzept bei den Malkursen, die Du z.B. in der alten Saline in Bad Reichenhall abhältst? Schulung der Wahrnehmung, Auseinandersetzung mit Untergrund, Obergrund… Hell/Dunkel?
Meine Erfahrung ist, wenn man viel malt, öffnen sich immer neue Tore. Mir ist immer ein unfertiges Werk lieber. Die guten Werke entstehen durchs Malen, ohne dass es das Ziel gibt, ein fertiges Produkt zu machen. In einer Woche soll viel entstehen. Ich öffne Tore!
Du verfolgst eine bestimmte Kunstästhetik?
Mein Konzept ist TUN! Unbeholfenheit und wahres Tun!
Malst Du an mehreren Bildern gleichzeitig, wie Arnulf Rainer?
Immer zwei sind in der Arbeit. Wenn ich nur eines male und nicht weiter kann, dann entstehen nebenher Papierarbeiten!
Gibt es ein „großartig gescheitertes Bild“?
Ja im Kopf gibt es sie schon, aber, wenn sie ein paar Monate nicht überstehen, werden sie übermalt. Ich will ja keine Depressionen bekommen!
Inwieweit geht es Dir um das Raumverständnis?
Die Bilder sollen schon den Raum erweitern. Wenn ich mein Bild aufhänge, ist der Raum größer!
Wann ist ein Bild fertig? Wann kannst Du Dich distanzieren?
Eigentlich bin ich traurig, wenn ein Bild fertig ist.
Auch wenn jemand eines kauft?
Nein, dann nicht! Ich habe keine Schlüsselwerke.
Stimmst Du mit mir überein, dass man heute keine Bilder mehr kritisieren, sondern nur beschreiben kann?
Kritik ist heute sehr kopflastig, jeder sucht in Schubladen, zeitgenössisch, politisch etc. Malerei ist Leidenschaft!
Früher hatte der Kunstkritiker Leidenschaft. Heute vielleicht Angst. Man sieht den Menschen hinter dem Kritiker nicht mehr!
Dann danke ich Dir für den Blick auf Deine Werke und in dein Innerstes.
Danke Eva für deinen Besuch im Atelier!
Zu sehen sind viele großformatige Werke noch in der Galerie AMART.
AMART bis 22. Juni, Halbgasse 17, 1070 Wien, Do-Sa 11-19 Uhr, ansonsten Anmeldung unter 06764681896
Joanna Gleich
Geb. 1959 in Kluczbork, Polen. 1979 Abschluss am Lyzeum der bildenden Künste in Opole. Lebt und arbeitet seit 1979 in Wien. 1979-1983 Philologiestudium an der Wiener Universität (Dolmetscher-Übersetzerausbildung).1985-1990 Studium der Malerei an der Akademiedenden Künste in Wien bei Prof. Wolfgang Hollegha. Diplom mit Auszeichnung. 1985 Teilnahme an der Salzburger Sommerakademie, Klasse für Malerei, Prof. Josef Mikl. 1986 Teilnahme an der Salzburger Sommerakademie, Klasse für Glasfenster, Prof. Georg Meistermann 1994 Studienaufenthalt in New York. 2001-2011 Leitung der Klasse für Malerei, Sommerakademie in Lienz/ Osttirol. 2007-2018 Dozentin bei der Akademie Stift Geras, NÖ. 2009-2017 Kursleiterin für Malerei, Malakademie im Schloss Goldegg, Salzburg. Ab 2014 Dozentin an der Kunstakademie Bad Reichenhall.