46/ arbeits-los/ Editorial: Peter Kaiser & Reinhard Müller

Peter Kaiser & Reinhard Müller
arbeits-los
Editiorale Vorbemerkungen

Manche haben mit ihrer Arbeit das große Los gezogen.

Andere sind sie vielleicht gerade losgeworden und befinden sich nun in einem Zustand, welcher Arbeitslosigkeit genannt wird.

Ist aber tatsächlich nur Arbeit gegen Geld Arbeit und alles andere so etwas wie Freizeitgestaltung? Würden nicht viele Menschen sogar mehr arbeiten, wenn sie das arbeiten könnten, was sie wollten und nicht davon leben müssten? Wie ist es nun mit der Arbeit in der Familie und für das Gemeinwohl, welche man hauptsächlich zum Nutzen der anderen verrichtet? Von welchem Wert sind die Beschäftigungen um der eigenen Entwicklung willen? Ist es noch zeitgemäß, den Wert unserer vielfältigen Tätigkeiten über die Entlohnung, also Geld, zu definieren? Was passiert mit dem Begriff der Arbeit, wenn sich mit ihr das Leben nicht mehr finanzieren lässt, wie in vielen Fällen von prekärer Arbeit?

Es soll gelingen, die Arbeit aus ihrem tradierten Kontext herauszuschälen und wieder zu dem zu machen, was sie in ihrem ureigensten Wesen ist: Nämlich ein Grundbedürfnis des Menschen, und zwar nicht nur aus der Notwendigkeit heraus, sich zu ernähren und zu erhalten, sondern auch und vor allem, sich individuell entwickeln und entfalten zu können.

Was in diesem Heft versucht werden soll, ist also den Begriff der Arbeit zeitgemäß dingfest zu machen und seine Aspekte unter verschiedenen subjektiven und objektivierenden, künstlerischen und wissenschaftlichen Blickwinkeln zu beleuchten.

Dies erfolgt über das künstlerische Werk Josef Schützenhöfers ebenso wie über Geschichte und Bearbeitung der sogenannten Marienthal-Studie von Reinhard Müller, über die Theaterarbeit von Hans-Jürgen Hauptmann, die filmische Bearbeitung von Heide Kouba, eine psychiatrische Betrachtung von Josef Krejcar und selbstverständlich mit vielen literarischen Arbeiten. Und der Arbeitslose L. St. berichtet aus der Innenperspektive eines Betroffenen.

Die letzte klare, bestimmte Funktion des Menschen – Muskeln, die arbeiten wollen. Gehirne, die schaffen wollen über das einfache Bedürfnis hinaus – das ist der Mensch.
John Steinbeck aus Früchte des Zorns