The Tempest Replica: Crytal Pite. Rez.: Eva Riebler
Eva Riebler
DAS HIER UND JETZT SCHLÄGT ZURÜCK
THE TEMPEST REPLICA
Crystal Pite
Festspielhaus St. Pölten, Großer Saal
21.01.12, 19.30 Uhr
Österreichische Uraufführung
Choreografie: Crystal Pite
Kidd Pivot Frankfurt RM
Tanz:
Eric Beauchesne, Peter Chu,
Sandra Marín Garcia, Yannick Matthon,
Jiří Pokorny´, Cindy Salgado,
Jermaine Maurice Spivey
Komposition: Owen Belton
Sturm und Schiffs-Katastrophe rufen heute Ressentiments hervor.
So klinisch, ästhetisch schön ist leider kein Sturm der Wirklichkeit. Auf der Bühne wird er außerdem mit einem Gespür für außergewöhnliche Dramatik getanzt und mit Donner wie Blitzen versehen, die grell einzelne Bewegungen aus dem choreografischen Ablauf beleuchten und festhalten. Diese wie eingefrorene Sentenzen bilden einen tollen Gegensatz zu den runden, weichen Abroll-Bewegungen, die das Schlingern durch Wellen verdeutlichen. Überhaupt gelingt es der kanadischen Choreografin Crystal Pite einzelne Bilder aus dem bekannten Inhalt des „Sturm“ von William Shakespeare wie Details einer Erinnerung aussehen zu lassen. Sie fischt die Hauptmotive, wie: Intrige, Bestrafung, Einsamkeit, Liebe, Leid, Verzeihung oder Versöhnung heraus und lässt auf der Ebene des Handlungsortes bei Shakespeare - auf einer einsamen Insel wie im Hier und Jetzt - in einer heutigen Wohnung, spielen.
Zweitens verschränkt sie wirkliche Personen aus Fleisch und Blut mit ihrem Alter Ego, das durch weiße Verhüllungen bis über den Kopf symbolisiert wird. Der Protagonist - in Shakespeares „Sturm“ ist es Prospero, der gestrandete einstige Herrscher Mailands - übernimmt in ihrer Choreografie die Rolle des Erzählers, der die schemenhaften weißen Modellfiguren und den Lauf des Geschehens lenken kann.
Bewundernswert sind nicht nur die choreografische Präzisionsarbeit und die nuancenreichen Bewegungsabläufe sondern die tänzerischen Hochleistungen, die die erzählerische Umsetzung erst zum Genuss machen. Sogar die Schattenspiele setzten Inhalte frei und ergänzten visuell Vorgeführtes.
Ein Gesamterlebnis, dank Höchstleistungen der sechs TänzerInnen, der choreografischen Gestaltung, des Licht- und Sounddesigns, der originellen Schatten-Projektionen sowie der stimmungsvollen Kostüme.
Eine spannende Neugestaltung und ästhetische Bezugnahme zu einer Shakespeare-Romanze!
Eine herausragende Performance!