The Most Incredible Thing: Javier De Frutos/Pet Shop Boys. Rez.: Eva Riebler

Eva Riebler
Antanzen gegen die Dummheit des Herrschers

 

The Most Incredible Thing
Javier De Frutos/Pet Shop Boys

Festspielhaus St. Pölten, Großer Saal
14.04.12, 19.30 Uhr
Eine Tanzproduktion nach einem Märchen von Hans Christian Andersen
Produktion:Sadler's Wells London
Regie und Choreografie: Javier de Frutos
Konzept, Musik und Songtexte: Neil Tennant/Chris Lowe (Pet Shop Boys)
Tanzensemble unter der Compagnieleitung: Lisa Welham
Solotänzer: Ivan Putrov als Karl, Clemmie Sveaas als Prinzessin, Aaron Sillis als Leo

Ein empfindsames Tanztheater erster Klasse, mit konzeptuell hervorragend ausgeführten Chorszenen, unterstützt durch Glas- und Spiegelkulissen sowie schauspielerischen Leistungen und individuelles Licht- (Lucy Carter), Sounddesign (Paul Arditti) und aufwühlender, monumentaler Orchestrierung von Sven Helbig.

Nicht nur medial aufbereitete Märchenszenen, sondern auch die sinnliche Tanzsprache Javier De Frutos und seines Ensembles berührt den Zuschauer. Es kann nicht um Märchentreue gehen, wenn die Pet Shop Boys ein Werk auf die Bühne bringen. Vielmehr wird es dem Zeitgeist angepasst: Aus den neun Musen werden die neun Monate des Werden eines Kindes und das Zeitgeschehen wird mit Raketenstart und der Mondlandung präsentiert. Die Prinzessin ist vernarrt in Pop-Musik und Karl als böser Protagonist trägt Stiefeln und leistet sich eine schlagkräftige Bande, während Leo, der Gute, sich als feinsinniger Träumer, Bastler und Erfinder hervortut, der tatkräftig von drei guten Geistern unterstützt wird. Ohne außerirdische Unterstützung ist es nun mal nicht möglich, einen dummen König zu besiegen, der aus reiner Fadesse die Hand seiner Tochter samt halbem Königreich dem Erfinder des Most Incredible Thing anbietet.

Fazit: Ein märchenhaft hervorragendes Tanztheater in vollendeter zeitgeistigen Gestaltung.

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