Bennent/Hader/Lechner: Thomas Bernhard. Rez.: Eva Riebler
Eva Riebler
Vom Leiden an der Welt
Bennent/Hader/Lechner
Thomas Bernhard
Festspielhaus St. Pölten, Großer Saal
24.05.12, 19.30 Uhr
Lesung: Anna Bennent, Josef Hader
Akkordeon: Otto Lechner
Gesamtdauer: ca. 1 Stunde und 50 Minuten (inklusive einer Pause)
Der erste Teil der Lesung war dem ersten Roman - "Frost", 1963 - Thomas Bernhards gewidmet. Ähnlich wie bei Samuel Beckett oder Franz Kafka ist der Einzelne in der höllischen, grotesken Welt verloren. Das Leiden an der Welt ist vorprogrammiert, gibt es doch vor allem die Dummheit und auch die infamen Verbrecher, sprich die einfachen Dorfbewohner von Weng, dem Ort Werfen Weng im salzburgischen Mittelgebirge. Wie später in all seinen Romanen lebt dieses Schriftstück von den Übersteigerungen, Wortkaskaden und Wortwiederholungen der Bernhardschen Sprache, den Anklagen und Besessenheiten der Dörfler und das Aneinander-Vorbeireden der Protagonisten, denen der Hörer schutzlos gegenüber sitzt. Durch die Länge dieses Teiles war es eine etwas schwere Kost für das Publikum.
Nach der Pause kam der wohl interessantere Teil: Gedichte (Biografie des Schmerzes/ Bruchstücke aus der sterbenden Stadt/Hochzeitsgesellschaft) und biografische Interviews von André Müller, Kurt Hofmann und Sepp Treisig.
Josef Hader konnte den Sprachduktus Thomas Bernhards hervorragend zum Leben erwecken und die Dichte und Konsistenz seines Wortwitzes lakonisch in den Bühnenraum stellen. Die Texte sprechen ja für sich und bedürfen keines betont schauspielerischen Vortrages. Dies wäre störend gewesen. Die Trockenheit der Lesenden erhöhte vielmehr die Heftigkeit der Inhalte und die endzeitliche Gestimmtheit Thomas Bernhards. Sein Leiden an der Welt, die Folterung durch das bloße Existieren, sein Leben in der spürbaren Sinnlosigkeit wurde überdeutlich.
Dass Otto Lechner am Akkordeon den gelungenen musikalischen Part abgibt, ist von vornherein klar. Dass er jedoch außer Improvisationen vom Feinsten noch das Haydn Konzert 72,2 für Streicher in großer Besetzung in Kurzfassung auf einem einzigen Instrument spielt, klopft und pocht, war ein Ereignis für sich.
Ein hervorragender Abend aus der Serie Biografien!