1. Gothic Slam: Die Nacht des Raben. Rez.: Alois Eder

Alois Eder
POE & CO. IM UNDERGROUND

 

 
DIE NACHT DES RABEN
1. Gothic Slam
Underground
05.06.09, 20 Uhr
Live-Musik: Satara
Jury:
Melley (Model, Literatur- und Szenekennerin),
Ingrid Reichel (Literarische Gesellschaft St. Pölten),
Tim (Trashcanned),
Peter Hiess (Journalist: EVOLVER, WIENER...),
Cornelia Travnicek (Publikumsjuror)
Moderation: Thomas Fröhlich (Veranstalter, Autor)
Organisation: Walter Göbel (Underground) & Thomas Fröhlich

 

 

Ganz so undergroundig, wie der Name des Lokals an der St. Pöltner Promenade nahe legt, ist es bei der Poe-Huldigungs-Lesung gruseliger Texte am Freitag, 05.06., nicht zugegangen. Freilich, es hätte gereicht, wenn sich bei diesem "Gothic Poetry Slam" mit der Buchhandlung Thalia als Mitveranstalter und der Musikgruppe "Satara" der verehrte Autor nur im Grab umgedreht hätte, um dem Grusel-Genre Reverenz zu erweisen. Aber da hätte es im Garten des „Underground“ möglicherweise auch akustische Probleme gegeben, wie einerseits er und anderseits das zahlreich erschienene Publikum das hätten realisieren können.

Vielleicht war es etwas unvorsichtig von den Veranstaltern, nur auf die freiwilligen Wettbewerbs-Meldungen der Nachwuchsliteraten zu vertrauen, und man hätte deren von der Jury zu wertenden Beiträge durch professionellere rahmen sollen, die dem Publikum hätten zeigen können, wo es wirklich zum Grusel langgeht. Unter den Wettbewerbsteilnehmern ist das der St. Pöltnerin Maria Seitz als Siegerin annähernd gelungen, die dadurch die Reihe der schreibenden Frauen verstärkt, die seit Enrica von Handel-Mazzetti, Hulda Mical und anderen wie sie aus der nahen Schule der Englischen Fräulein hervorgegangen sind.

Über die anderen fünf Beiträger lohnt es sich kaum, ein paar Worte zu verlieren, zum Teil sind sie auch dem Angebot auf den Leim gegangen, ihre Texte erst am Mikrophon zu improvisieren. Keine schlechte Idee eigentlich, aber dazu sollte es an unserem Literaturstandort mehr Trainingsmöglichkeiten geben – und auch eine bessere Akustik.

Ob es die beigetragenen Texte irgendwann einmal im „etcetera“ zum Nachlesen geben wird, steht gerade für solche Improvisationen leider auch dahin.

Hoffentlich bewahrheitet sich das schöne Poe-Zitat „quoth the raven: nevermore“ vom einleitenden Text dennoch nicht, was die Gelegenheiten zum Ausprobieren literarischer Talente in St. Pöltner Gastgärten betrifft. Der heraldische Rabe, dessen Schwärze die Veranstaltung überschatten sollte, muss offensichtlich noch wirksamer aus seinem Versteck gelockt werden, und sollte es sich auch um einen weißen Raben handeln. Also: sich nicht abschrecken lassen und mehr von solchen Gelegenheiten schaffen!

(LitGes, Juni 2009)

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