EGO: Carl Djerassi. Rez.: I. Reichel
Ingrid Reichel
NO RISK, NO PILL
![]() |
EGO
Carl Djerassi
NÖ Landestheater, St. Pölten
08.11.2005, 19.30 Uhr
Regie: Isabella Gregor
Dramaturgie: Susanne Goldberg
Mit: Alexander Goebel,
Babette Arens und Thomas Schendel
Bühne: Walter Vogelweider
Djerassis Theaterstück EGO beruht auf den bereits 1994 von ihm geschriebenen Roman Marx, verschieden. Isabella Gregor und Susanne Goldberg dürften sich die deutsche Übersetzung des einstigen Titels des Romans als Inspiration für ihre hervorragende Inszenierung geholt haben. Ein Wortspiel : Marx, mal anders.
Der engl. Originaltitel Marx, deceased lässt ob der Verschiedenheit von Marx keinen Zweifel aufkommen. Marx, ein berühmter Schriftsteller, will zu Lebzeiten zur Unsterblichkeit gelangen und täuscht seinen eigenen Tod vor. Die darauf folgenden Turbulenzen in die Marx gerät, machen das Dreimann-Stück zu jener Mischung aus Komödie und Thriller, die einem Theaterbesucher einen angenehmen und unterhaltsamen Abend bescheren. Die Inszenierung im Landestheater St. Pölten versprüht jenen angelsächsischen Esprit, wofür man das Englische Theater so liebt: Leicht, bekömmlich und kein bisschen seicht.
Nicht so die Originalfassung von dem mittlerweile 82 jährigen Djerassi, der aus seinem Roman einen Zweiakter hervorbrachte, der bestenfalls an österreichische Larmoyanz erinnert. Die Romanvorlage, die 2004 zu EGO umbetitelt wurde, dürfte eine bessere Kritik hervorbringen.
Ego wurde 2003 in Edinburgh beim Fringe Festival und 2004 im King´s Head in London unter dem Titel Three on a Couch uraufgeführt. Diesen Titel gab es jedoch schon 1966 für einen Film den Jerry Lewis produzierte. In St. Pölten fand nun die erste deutschsprachige Uraufführung statt. Ursula-Maria Mössner übersetzte aus dem Amerikanischen (Haymon Verlag 2004).
Autor Carl Djerassi, anerkannter Naturwissenschafter, Vater der Anti-Babypille und Kunstmäzen, gründete nach dem Freitod der Künstlerin Pamela Djerassi-Bush 1979 die Djerassi-Stiftung mit einem Artists in Residence Program. 1980 erfand er die neue Roman-Gattung Science-in-Fiction. Djerassis Anliegen ist: „Science-in-fiction schlägt die Brücke zwischen breiter Öffentlichkeit und Wissenschaftswelt“. Um den Tod seiner Tochter weiter zu verarbeiten schrieb er den ersten non Science-in-Fiction Roman EGO. "Wenn das Herz denken könnte, stünde es still." (aus Fernando Pessoa: Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares). Die eingeflochtene portugiesische Melancholie breitet sich in Djerassis Stück aus. Durch vehemente Kürzungen und veränderte Platzierungen der Zitate von Pessoa gewinnt das nun dreiaktige Werk an Qualität. Der Wunsch der Tod möge nicht stattfinden und alles wäre nur Täuschung, und bestenfalls könnte er der Unsterblichkeit dienen, geben dem umgeschriebenen Ende den letzten Schliff. Die bereits in Djerassi Werken erfahrene Regisseurin Isabella Gregor passte die Charaktere der drei Rollen dem etwas „anderen Marx“ an. Brillant Thomas Schendel in der Rolle des Theodore Hofmann, dem man von der ersten Sekunde auf der Bühne den hypochondrischen verkorksten Psychiater, der selbst mit dem Tod seiner Frau nicht zurechtkommt, ansieht. Babette Arens als vermeintliche Witwe von Marx bringt durch ihre quirlige und erotische Ausstrahlung Leben und Hoffnung in den verblassten Psychiater. Und last but not least Alexander Goebel spielt Marx, Marx spielt Goebel erfolgreich, karrieregeil bis zur Unsterblichkeit.
Der Grazer Walter Vogelweider ermöglichte nicht zuletzt mit seiner erfolgreichen Bühnenausstattung dem Stück zusätzliche Spannung abzugewinnen.