Das stille Kind: Martin Crimp. Rez.: E. Riebler

Eva Riebler
DER RUF DES STILLEN KINDES

 

DAS STLLE KIND
Martin Crimp

Premiere: 14.01.06
Nach dem engl. Stück „Getting Attention“, 1991
Deutsch von Anton Rey und Rosee Riggs
NÖ Landestheaters St. Pölten, Theaterwerkstatt
Deutschsprachige Erstaufführung Salzburg Elisabeth-Bühne
Regie: Michael Schöndorf, Schweiz

Kultur ist Herzensbildung und Gewissensbildung, das will uns dieses Stück vermitteln. Ohne das Kleinkind zu personalisieren, verstehen wir sehr wohl die Bedrängnis in die es durch einen insistierenden Vater kommt. Es sind scheinbar kleine Floskeln wie – „ich will bloß Respekt, es soll aufessen“, die unter anderem zu Ausgrenzung, Vereinsamung und psychischer Vernichtung führen. Mirko Roggenbock, der bereits in „ Katze im Sack“ als rosaroter Verlobter brillierte, führt uns als Stiefvater die scheinbar notwendige, konsequente Kindererziehung vor Augen. Er ist wie die übrigen Hauptdarsteller Ensemblemitglied des Landestheaters Niederösterreich. Die Mutter Charlott Kreiner spielt mit dem notwendigen Sexappeal äußerst überzeugend. Thomas Richter als netter Nachbar und Katrin Stuflesser als eher lästige, frustrierte Nachbarin konnten auch im Monolog das Publikum fesseln. Das Ensemble verspricht ein gutes Team zu bilden und somit sind Zukäufe bekannter Schauspieler für die Werkstattbühne wirklich entbehrlich.
Das Stück sollte jedem Pädagogen ein Anliegen sein, denn es führt uns vor Augen, was hinter den Augen und Türen so leicht und nebenher passiert. Ein Theaterbesuch als Bewusstmachung der alltäglichen verbalen und nonverbalen Quellen für seelische Nöte wäre für Schüler jeglicher Oberstufe pädagogisch wertvoll. Vor allem da es ohne jeglichen erhobenen Zeigefinger auskommt, sondern vielmehr als hervorragend gespielter Einakter den Bedürfnissen moderner Jugendlicher gerecht wird.

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