Thomas Sautner: Pavillon 44

Eva Riebler

Thomas Sautner
Pavillon 44

Roman
Picus Verlag Wien
450 Seiten, 2024
ISBN-978-3711721495

Thomas Sautner ist immer gut! Und wenn sein Roman fast 500 Seiten umfasst, er einige Jahre daran gearbeitet hat, ist es noch erfreulicher! Wofür ist Sautner diesmal gut? Dank seiner intensiven Beobachtungsgabe und humorvollen Analysierung – für stetes Lächeln und intensive Gespanntheit!
Die Hauptperson ist ein alter, sozial isolierter, schrulliger Primarius, der phasenweise genial zu sein scheint, jedoch von seinen Fachkollegen scheel beurteilt wird. Und  zwar ob seiner medikamentarmen, Gespräche führenden Therapie. Und nun trifft er auf die Journalistin Alica Berg, die einen Roman über ihn und seine Patienten des Pavillons 44 schreiben will. Dies ist ein Sondertrakt, in dem nur für den Primar interessante Fälle eingeliefert werden, deren Psychose er genau studiert und fast wie in einem Krimi gedanklich souverän lösen will.
Schon der Eintritt in diesen Roman mit seinen besonderen Personen gelingt großartig. Ein Nackter sitzt am Mausoleums-Dach, trinkt mit dem aufgebahrten toten Freund ein Bier nach dem anderen und spricht, nachdem er im Pavillon 44 landet immer noch mit seinem verstorbenen Freund.
Sautner schlüpft in die Gedanken vieler Personen und betreut professionell deren oft abstruse Gedankenwelt. Er lässt uns an so vielen Lebensweisheiten normaler und verrückter Patienten teilhaben und erklärt uns so nebenbei die Machenschaften und Freunderlwirtschaft eines Wiener Bürgermeisters und warum da in der Parteipolitik nichts weitergehen kann.
Immer wieder überrascht uns Sautner mit seinem nicht nur medizinischen Wissen, auch von der Entstehung des Universums als zweidimensionales Hologramm berichtet er augenzwinkernd oder von einem ehrgeizigen Primarius, der mit der medikamentösen Behandlung weibliche Sex-Unlust berühmt werden will.
Man kann Sautner nur beglückwünschen und den Leser auch, dass er zu so einem witzig-spritzigen Lesevergnügen gekommen ist.

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