Mamma Medea: Tom Lanoye. Rez.: Eva Riebler

Eva Riebler
Liebe kann tödlich sein

 

Mamma Medea
Tom Lanoye
Österr. Erstaufführung
Aus dem Flämischen: Rainer Kersten
Landestheater NÖ, Großes Haus
20.03.13, 19.30 Uhr
Regie: Philipp Hauß
Mit dem Ensemble des Landestheaters
Dauer: 2 Std 30 Min inkl. Pause

Seit bald 2.500 Jahren beschäftigt der Medea-Stoff Literaten und Dramatiker von Euripides bis Christa Wolf. Dass die Frau eine Hexe ist, wissen wir. Dass sie dazu imstande ist, ihre Kinder eigenhändig zu töten, wissen wir auch. Neu ist, dass der Autor Lanoye einen Jason zeigt, der die dunklen Seiten Medeas erst evoziert. Als Testosterongesteuerter – was wäre die Welt ohne starke, fesche Helden - denkt er bloß pragmatisch und möchte die Königstochter Kreusa ihres Gastgebers Kreon heiraten. Somit hätte er auch die Erziehung als Prinzen seiner ehelichen Söhne gesichert. Muss bloß noch die Hexe, Ehefrau und Mutter Medea verschwinden und das fremde Land verlassen. Hat Medea kein Kraut ihre eheliche Liebe zu retten, so hat sie bestimmt eines, um die zukünftige junge Braut samt ihrem Vater Kreon ins Verderben zu stürzen. Aufregend zeigt dies die Handlung. Auch ist dem Belgier Lanoye ein besonderer Schluss gelungen. Seit Christa Wolf glaubt man, kein eindringlicheres Ende des Dramas als den Kindsmord durch die eigene Mutter zu kennen. Und nun ist dem Autor die Überraschung geglückt!

Ein hervorragender Text, der Hexameter mit moderner Alltagssprache, einer streitbaren Paarbeziehung entlehnt, gekonnt verbindet und die Spannung bis zum letzten Blutstropfen aufrecht erhält.
Außerordentlich präsentiert und gespielt vom gesamten Ensemble, vor allem natürlich von Moritz Vierboom als Jason und Franziska Hackl als Medea. Keine Überinterpretierung, kein Zuviel an schauspielerischer Demonstration! Eine geglückte Be- und Aufarbeitung historischer Mythen, des Verrates des Mannes an der Frau, des Verrates der Tochter an Vater und Bruder und der Unberechenbarkeit der bitteren Rache aus enttäuschter Liebe. Einfach eine geglückte, spannende Dramaturgie von M. Asboth und Bettina Hering, einer Regie unter Philipp Hauß und einer Sound- und Kostüme-Präsentation von Lane Schäfer mit modernem sparsamem, zweckbetontem Bühnenbild von Martin Schepers, kurz: eine Produktion und Aufführung, wie sie herausragender nicht sein könnte.

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