Liebe Autorinnen, liebe Autoren!
"Es braucht sehr viel guten Geschmack um schlechten Geschmack zu geniessen."
Der Mann, von dem dieses Zitat stammt, weiß, wovon er spricht: John Waters. Mit Filmen wie "Pink Flamingos" bis hinauf zu seinem letzten Werk "Cecil B. Demented" vermochte er es immer wieder, Geschichten jenseits des sogenannten guten Geschmacks anzusiedeln.
Schund, wenn man so will.
Doch Schund ist mehr als nur schlechter Geschmack. Von den Nazis als "Schmutz & Schund" verteufelt wurde all jenes, was nicht in das Leitbild der selbsternannten "Arier" passte. Das betraf die Bücher von Thomas Mann genauso wie billige amerikanische Paperbacks oder die "entartete Kunst" zeitgenössischer Maler und Bildhauer.
In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts war plötzlich Elvis Presley der personifizierte Untergang des Abendlandes - mit seiner "Negermusik" hielt ja bekanntlich "unmusikalischer Schund" Einzug in die Kinderzimmer und -gehirne.
Noch in den 60ern wurde die "Micky Maus" von Pädagogen verteufelt und als propagandistisches Machwerk zur jugendlichen "Volksverblödung" angesehen. "Schundheftl" war noch das Beste, was man in staatstragend-verantwortungsvoller Pose in unseren Breiten dazu anmerkte.
Manches davon wurde zwischenzeitlich zwar schon in den Kanon der Hochkultur (oder wenigstens der akademisch abgesegneten Popkultur) gestellt. Und auch die (inzwischen längst verdaute) Trash-Debatte der ausgehenden Achtziger, bei der auf das mitunter subversive Potenzial von Schundkultur hingewiesen wurde, ließ nach ihrem Abebben ein scheinbares "Anything Goes" zu.
Was wiederum jegliche mögliche Subversion killte.
Und heute haben wir dank gewichtiger Daily Talks ("Der Schäferhund meiner Nachbarin will nicht mehr mit mir schlafen!"), Container-Shows (remember Slatko?), organisierten Wettspeibens ("Jackass") und subtil gefilmter Brust-OPs mehr permanenten medialen Schund-Overkill, als uns lieb sein kann.
Oder so.
Und dennoch: Auch heute noch gerät man in Argumentationsnotstand, wenn man sich in sich gebildet und liberal dünkender Runde als Fan italienischer Horrorcomics, der Schriften von Stephen King oder des Gesamtwerks des Musikers und Filmregisseurs Rob Zombie outet.
„ A so a Schaß!" ist meistens noch das freundlichste, was man da zu hören bekommt.
Gibt es ihn überhaupt (noch): den "guten" Schund?
Oder ist dieser Begriff für alle Zeiten obsolet, dank RTL, ATV oder real existierender orange sehender Bundesregierungsmitglieder.
Und wie soll man angesichts diverser Beinahe-Snuff-Filmchen auf den Handys von 10 Jährigen und dem neuerlichen Ruf nach Zensur mit Schundigem umgehen?
Fragen über Fragen!
Wie steht ihr dazu? Was ist für euch Schund? Und überhaupt...
Im SCHUNDheft, dem Themenheft der Literaturzeitschrift etcetera, das 2007 im Frühjahr erscheinen (und am 27. April im ULNÖ Krems präsentiert) wird, soll dieser Frage nachgegangen werden: belletristisch, essayistisch, in Bildern, Comics - was auch immer!
Ihr seid herzlich dazu eingeladen!
Beiträge bitte per mail an meine Mail-Adresse(n):
froehlich@mdw.ac.at oder an froehlich@litges.at
oder redaktion@litges.at
Beiträge in der Länge von max. 5 Seiten, Arial 10 pt.!
Betreff: etcetera SCHUND
Name, Postanschrift, E-Mail Adresse und Kurzbiographie:
Deadline (und zwar ultimativ): 15. Februar 2007!
Freu mich schon auf Euren, äh, Schund!
Thomas Fröhlich, Redakteur des Heftes SCHUND/etcetera 28
LitGes St. Pölten