Jörg Piringer: fünf minuten in die zukunft

Klaus Ebner

Jörg Piringer:
fünf minuten in die zukunft

Gedichte
Limbus Verlag (Limbus Lyrik),
Innsbruck-Wien
96 Seiten,2024
ISBN 978-3-99039-250-8

Die Worte, die Lettern und wir. Mit fünf minuten in die zukunft legt Jörg Piringer, geb. 1974 in Wien, einen Lyrikband vor, der »konventionelle« Texte mit visueller Poesie vermischt. Als Informatiker beschäftigt er sich mit den Möglichkeiten einer Computerkunst und Künstlicher Intelligenz, erforscht die Grenzen und Übergänge zwischen analog und digital. Mit der Lyrik möchte er ein wenig – eben fünf Minuten – in die Zukunft schauen. »für heute/noch immer keine sprache/für das was hier passiert/(…)« (S. 54) schreibt er; die Frage nach zukünftigen Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Menschen, aber auch zu Maschinen, ist sein zentrales Thema.
Alle Texte sind in freien Rhythmen und durchgehender Kleinschreibung gehalten. Sie lesen sich oft melodisch und vermitteln eine gewisse Eindringlichkeit. »die lange nacht/der kurzen tage/das leben ereilt mich/in der dunkelheit« (S. 62). Die Seiten der visuellen Poesie, normalerweise rechts, lockern nicht nur auf, sondern laden zum Verweilen und Betrachten ein. Sie wurden mit Buchstaben und mit Hilfe einer Software erzeugt. Vielleicht ist die folgende Feststellung ja programmatisch: »die beschriftung der welt/vollkommen/gleichgültig wohin ich sehe/sind die zeichen schon vor mir« (S. 49).
Piringer vermischt gerne wissenschaftliche und ganz persönliche Motive zu verblüffenden Aussagen: »schwarze löcher könnten/defekte in der raumzeit sein/und du könntest auch/(…)/ohne weiteres/den mund halten« (S. 8). Modernes, auch computertechnisches, Vokabular fügt der Autor so behutsam ein, dass Leser*innen, die »nicht vom Fach« sind, mühelos seinen Worten folgen. So entwickelt diese Poesie einen eigenen, unverkennbaren Sog.
In der Lyrik-Reihe des Limbus Verlages wurde der Band ästhetisch ansprechend gestaltet. Die Gedichte und ihre Umsetzung im Druck bieten ein wunderbares Lesevergnügen und verleiten dazu, viel mehr Zeit als ursprünglich gedacht mit diesem Buch zu verbringen.

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