Don Carlos: Friedrich Schiller. Rez.: Johannes Schmid

Johannes Schmid
EIN POLITTHRILLER

 
Don Carlos. Infant von Spanien
Drama von Friedrich Schiller
Landestheater NÖ, Theaterwerkstatt
Premiere: 22.01.2011, 19.30 Uhr
Regie: Silvia Armbruster
Bühne und Kostüme: Stefan Morgenstern
Mit:
Othmar Schratt (Philipp der Zweite), Pippa Galli (Elisabeth von Valois), Philipp Brammer (Don Carlos), Antje Hochholdinger (Prinzessin Eboli), Elisabeth Luger (Marquisin von Mondekar), Hendrik Winkler (Marquis von Posa), Oliver Rosskopf (Herzog Alba), Stefan Wilde (Domingo), Wolfgang Seidenberg (Fernsehsprecher)
Dauer: 3 Stunden inkl. Pause nach 1 Stunde 30 Minuten

Silvia Armbruster verfolgt mit ihrer Inszenierung von Schillers „Don Carlos“ die Absicht, diesem oft gelesenen Klassiker der Weltliteratur als Politthriller besondere Aktualität und Spannung zu verleihen. Entsprechend diesem Konzept liegt das Hauptaugenmerk ihrer Bearbeitung nicht so sehr auf dem von Schiller in dichterischer Umsetzung Kant‘scher Philosophie vertretenen Freiheits- und Humanitätsideal, sondern in erster Linie auf der Darstellung zwischenmenschlicher Konflikte sowie politischer Machenschaften und Intrigen. Diese Deutung des Dramas hat Armbruster konsequent und überzeugend durchgeführt. Don Carlos, brillant dargestellt von Philipp Brammer, wird als Mensch gezeigt, der sich aus der Bevormundung durch den Vater emanzipiert und von der unerfüllten Liebe zur Stiefmutter befreit, um seine Stimme zu erheben für Recht, Vernunft und Menschlichkeit. Brammer versteht es, den anfänglich schwankenden, gegen Ende hin selbstbewussten Charakter des Infanten durch sein vorzügliches Spiel überzeugend zur Anschauung zu bringen. Hendrik Winkler, in der Rolle des Marquis von Posa, begeistert vor allem in der berühmten Unterredung mit König Philipp. Eindrucksvoll und nicht zu übertreffen mimt Pippa Galli die Elisabeth von Valois, eine Rolle, die an eine Schauspielerin höchste Anforderungen stellt. Galli weiß durch ihre vielfältige und nuancenreiche Sprechkunst jede Emotion, jede Erschütterung wie selbst erlebt darzustellen. Antje Hochholdinger spielt mit größter Ausdruckkraft die unglücklich liebende Prinzessin Eboli, die Opfer politischer Intrigen wird. Oliver Rosskopf begeistert als Herzog von Alba in der Rolle des gewissenlosen Erfüllungsgehilfen und Schergen seines Herrn. Nicht minder überzeugend Stefan Wilde als Domingo. Den Wandel des Königs vom selbstsicheren Potentaten zum seelischen Wrack darzustellen, ist Othmar Schratt in eindrucksvoller Weise gelungen. Elisabeth Luger spielt souverän die Rolle der Marquisin von Mondekar.

LitGes, Januar 2011

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