Meine alte Dame: Israel Horrowitz. Rez.: Stefan Koch
Stefan Koch
IM WOHNZIMMER VON MADAME GIFFARD
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MEINE ALTE DAME
Israel Horrowitz
Regie: Reinhard Hauser
Bühne: Ing. Edith Fellner
Kostüme: Priska Planer
Darsteller: Franz Herzog,
Susanne Hermann, Caroline Richards
Wenn Sie eine Wohnung fern von ihrem Heimatland erben würden, Ihr gesamtes Vermögen ausgeben, um dorthin zu gelangen, um schlussendlich festzustellen, dass ihr Erbgut bereits bewohnt wird und Sie obendrein noch Miete zahlen müssen, was würden Sie dann tun?
Einziehen und stillschweigend die Bedingungen akzeptieren. Jedenfalls tut das Mathias Gold, nach seiner Reise mittelloser Schriftsteller, in dem Stück „Meine alte Dame“, das in der Theaterwerkstatt St. Pölten seine Österreichische Erstaufführung erlebte. Dieser trifft, als er versucht, einzuziehen, auf die 94-jährige Mathilde Giffard, eine Französin, die dem Amerikaner klarmacht, dass er die Wohnung erst dann alleine bewohnen kann, wenn sie stirbt. Während Mathias darauf wartet, lernt er noch eine andere Pariserin kennen: Chloé Giffard, die Tochter der alten Dame. Diese würde am liebsten Gold tot sehen, denn er ähnelt zu sehr seinem Vater, der, so stellt sich während des Stückes heraus, eine außereheliche Verbindung mit Frau Giffard hatte. Das führte dazu, dass Chloé von ihrem Vater gehasst wurde. Doch die Liasion der alten Dame mit Golds Vater hatte nicht nur Auswirkungen auf das Leben der Giffards, sondern auch auf das von Mathias und seiner Familie. . .
Die Konfrontation mit der Vergangenheit, die Gegenwart wie auch Zukunft bestimmt, findet in einem einzigen Raum statt, dem Theaterraum. Auf eine Rampe wird verzichtet, Schauspieler und Zuschauer werden auf die selbe Ebene gestellt. Und nicht nur das: Die Darsteller lassen sich sogar direkt neben den Zuschauern nieder und tragen, keinen halben Meter von diesen entfernt, Wortgefechte aus. Selbst die Zuschauer in den hinteren Reihen können in der Regiekonzeption Reinhard Hausners der direkten Konfrontation mit den Schauspielern nicht entgehen: Zweitere wenden sich direkt an diese. Und so bekommt man langsam und stetig das Gefühl, mitten im Geschehen, mitten im Wohnzimmer von Mathilde Girard zu sein. Einziger Wermutstropfen: Dieses ist von Bühnenbildnerin Edith Fellner im Stil des 19. Jahrhunderts möbliert und „eingerichtet“ worden. Selbst bei einem älteren Stück würde die überfrachtete Dekoration störend gewirkt haben, bei einem modernen, von Samuel Beckett inspirierten Stück, ist dieses Dekor schlicht unpassend. Die Frage aber steht im Raum, ob man sich dann im Theaterraum noch so heimisch gefühlt hätte wie es bei der Inszenierung Hausners der Fall war. Diese Stimmung konnte aber nur durch die Schauspieler Franz Herzog als Mathias, Susanne Hermann als Madame Giffard und Caroline Richards als Chloé gelingen. Besonderes Lob gilt Frau Richards, die bisher nur in Rollen überspannter Ehefrauen zu sehen war. Die von ihr verkörperte Figur der duckmäuserischen, von Selbstzweifeln zerfressenen Chloé Giffard geriet ihr außerordentlich berührend.