69/LitArenaVIII/Interview: Sarah Rinderer
Sarah Rinderer aus Hard gewann 2015 den 1.Platz der LitArena VII mit dem Siegertext „das blinken der windräder vor paris“. Cornelia Stahl interviewte sie im August 2017 per Mail:
Sarah, in deinem Siegertext der LitArena VII 2015 „das blinken der windräder vor paris“ ging es um ein älteres Ehepaar, das während einer Zugfahrt die gemeinsam verbrachte Zeit noch einmal Revue passieren lässt.
Worum geht es im Text „Mutterschrauben“, für den du 2017 den Vorarlberger Literaturpreis erhalten hast?
In meiner Erzählung „Mutterschrauben“ geht es ebenfalls um eine Reise, die Vergangenes und Gegenwärtiges in einen Dialog treten lässt – jedoch wird diese vom Küchentisch aus unternommen. Mittels Street View bewegen sich Enkelin und Großmutter am Laptop durch deren Geburtsort.
Inwieweit sind biograhische und fiktive Elemente in deinem Text miteinander verwoben?
Als Grundlage für den Text dienten mehrere Gespräche, die ich mit meiner Großmutter über ihre Erinnerungen an die Vetreibung aus ihrem Geburtsort, dem tschechischen Planá, geführt habe. Ich habe jedoch weggelassen, hinzugefügt, verändert, montiert, konstruiert, um das abrupte und frühe Ende einer Kindheit herauszuarbeiten, von dem die digitale Erinnerungsreise in „Mutterschrauben“ letztendlich erzählt.
2015 hast du das START-Stipendium für Literatur des Bundeskanzleramtes und das Leistungsstipendium der Kunstuniversität Linz erhalten. Siehst du dich selbst als Literatin oder als Bildende Künstlerin?
Ich kann Literatur und Bildende Kunst für mich gar nicht so sehr voneinander trennen, vor allem zu Beginn meiner Arbeitsprozesse. Meist gehe ich von einem thematischen Impuls aus, einer Assoziation, einer kleinen Idee und recherchiere erst einmal dazu. Im Rechercheprozess stellt sich dann oft für mich heraus, nach welcher Form der Umsetzung meine Idee verlangt: nach jener einer künstlerischen oder einer literarischen Arbeit. Und selbst dann sind die beiden Sparten noch stark ineinander enthalten. In meiner Kunst arbeite ich beispielsweise sehr konzeptorientiert, häufig geht es um Sprachsysteme. In meinen Texten wiederum wird der künstlerische Zugang vor allem durch meine Komposition von Sprachbildern spürbar.
Ich versuche aber auch gezielt, die beiden Sparten miteinander zu verbinden. So habe ich beispielsweise im letzten Semester das Künstlerbuch „Von Blaugrau bis Rosa“ geschrieben, typografisch gestaltet sowie gebunden und produziert.
Du bist noch sehr jung und dir stehen zahlreiche Möglichkeiten offen. Was planst du nach deinem Studienabschluss?
Ich möchte auf jeden Fall vielfältig bleiben, die Möglichkeiten von Arbeitsaufenthalten im Ausland nutzen, an meiner ersten eigenständigen Buchveröffentlichung arbeiten, neue Werke für Ausstellungen entwickeln.
Und mein berufliches Ziel ist es, mir mit meiner Tätigkeit in den Bereichen Grafik-Design und Kulturvermittlung diese Art der künstlerischen und literarischen Produktion zu ermöglichen.
Was würdest du jungen Autoren/Autorinnen raten, die noch am Anfang stehen?
Ich denke, das Wichtigste, um sich weiterzuentwickeln ist, sich zu trauen, mit den eigenen Texten nach außen zu gehen; beispielsweise bei Workshops teilzunehmen, bei Literaturzeitschriften und Wettbewerben einzureichen und sich einem Publikum zu präsentieren. Zudem ist es ganz wesentlich, sich gute Kritik zu holen. Für mich waren da die Literatur Vorarlberg und die Jugend-Literatur-Werkstatt Graz immer gute Anlaufstellen.
Mir war und ist es auch wichtig, viel auszuprobieren, sei es im Umgang mit Inhalten oder mit der Sprache selbst, und mich stets auf Neues einzulassen.
Danke für das Interview und weiterhin viel Erfolg!
Sarah Rinderer
Geb.1994, seit 2014 Studium Bildende Kunst - Experimentelle Gestaltung und Kulturwissenschaften in Linz.Veröffentlichungen: Unsere Fabrik, Bucher-Verlag 2015 sowie in Kunstmagazinen.