73/Höhle: Eva Riebler interviewte den Ehrenobmann der LitGes Wolfgang Mayer-König

Parzifals Gral

Eva Riebler interviewte den Ehrenobmann der LitGes Wolfgang Mayer-König für das Heft "etcetera“ Nr. 73, präsentiert und gelsesen im Stadtmuseum St.P. am 10.10. 2018.

Lieber Wolfgang, Du hast über mittelalterliche Malerei und Texte geforscht und publiziert. Eines Deiner 48 Bücher, die „Runkelsteiner Elegien“ (Athesia Spectrum Verlag, Bozen 2007) schlüsseln den einzigartigen Freskenzyklus aus dem 14. Jahrhundert auf und... mehr...

63/Alles Theater: Eva Riebler-Übleis im Gespräch mit dem Künstler Walter Berger

Im Raucherzimmer des Lokals Cafe Schubert in St. Pölten traf Eva Riebler-Übleis den Küstler Walter Berger. Die „Römische Wand”, vor der Walter Berger saß, hat er 2008 in freskoähnlicher Technik mit einem integrierten Portrait, der sogenannten Sappho gestaltet.

Lieber Walter, Du bist bildender Künstler, studiertest 1976 bis 1981 an der Hochschule für Angewandte Kunst, Wien (Malerei bei Prof. C. Unger), erhieltst als Fotograf diverse Preise und machst Rauminstallationen, z. B. das Foyer des Flaneurs im KWI-Haus St. Pölten und in Wien. In St. Pölten hängt von Dir die 4x3m große Arbeit, ein Spinnennetz, betitelt Radnetz Y Nr. 1 am Beginn der Rathausgasse. Was war Deine Intention dafür?

Ich hatte von Kunst im öffentlichen Raum NÖ ein Freispiel, das heißt: Ich konnte ein Projekt nach meinem Gutdünken entwickeln. Ich dachte zuerst daran, die Erinnerung der schrecklichen Zeit des jungen Rilke in St. Pölten umzusetzen, hab das dann verworfen und mich für die Entwicklung des Radnetzes Y Nr. 1 entschieden. Es hängt im weitesten Sinne auch mit meinen Rotationsbildern zusammen. Doch ist das Radnetz eine Skulptur, welche von beiden Seiten betrachtet werden kann.

Du beschäftigst Dich außerdem mit Fotografie und …

Ja, anfangs nur Polaroid SX70, ab 1979 mit Spiegelreflexkamera. Die Grundkenntnisse hat mir ein Exfreund meiner damaligen Freundin vermittelt. Dort konnte ich auch das Schwarz-Weiß Labor benutzen.1981 machte ich die erste Postkartenserie über den Westbahnhof im Rahmen von „Künstlern in Betrieben“. Eine sechsteilige Serie mit Motiven vom Westbahnhof wurde in einem Münzautomaten mit Fächern zum Verkauf angeboten. Nach meiner ersten Mail-Art Aktion, das war die Psychiatrieansichtskarte, aufgenommen im Psychiatrischen Krankenhaus Gugging, die an jeden Psychiater Österreichs verschickt wurde, folgten dann einige weitere Mail-Art Aktionen, gemeinsam mit Ona B.1988 begann ich mit großformatig inszenierten Fotografien.

Was kann man sich darunter vorstellen?

Die Farbfotos wurden meistens auf 100x70 cm vergrößert und eine Textzeile, bzw. der Titel mancher Arbeit in das Foto einmontiert.

Kann man sagen, der Text karikiert…

Nein, nein, denn es ist das Prinzip „Kontrastmontage“ von John Heartfield. … Z.B. auf einer Psychiatriekarte mit Foto des Anstaltsschlafsaals steht „schöner wohnen“.

Inwieweit war Dein Interesse an der Kunst Duchamps richtungweisend für Dich?

Richtungsweisend nicht, sondern wir haben uns im Studium natürlich alle einmal mit Duchamp und auch mit Antonin Artaud ( „Theater der Grausamkeiten“) beschäftigt. Ausschlaggebend war die Ausstellung „Junggesellenmaschinen“ von Harald Szeemann 1977 im Museum des 20. Jahrhunderts Wien. Eine tolle Sache! 1989 habe ich das Ready Made Fahrrad-Rad aufgegriffen und einen Text von Duchamp fotografisch umgesetzt. Diese Fotos sind derzeit in der Weinhandlung Haydn, Herrenplatz St. Pölten ausgestellt. Duchamp meinte, die Bewegung des Rades erinnere ihn an die tanzenden Flammen in einem Kamin, und genau dies habe ich umgesetzt.

Was zeichnet Deine Malkunst aus?

Es gibt verschiedene Perioden. Landschaftsmalerei und figurative Malerei in Öltechnik. Die Phase der „Verzerrungen” sind ebeno in Öltechnik gemalt. Die Rotationsbilder sind in Acryltechnik auf Wasserbasis ausgeführt.

Du hast Frottagen gemacht?

Nein, ich habe ein Triptychon in der Natur in Vorarlberg gemalt. Es war eine Auftragsarbeit für das AKH. Ich male selten in der Natur und Nebenprodukte 50x60cm entstanden in Mischtechnik zwischen Collage und Frottage. In dieser Zeit – 1990 - habe ich eine Dokumentation über Max Ernst gesehen. Er empfiehlt in dieser Jackson Pollok brieflich ein Farbbehältnis mit einem Loch im Boden an drei Fäden aufzuhängen und in Bewegung zu setzen. Womit gute Resultate erzielt werden können. Es geht um die Aufzeichnung einer Bewegung in Form von Linie, Strich oder Punkt. Schwarz auf Weiß oder Weiß auf schwarzer Leinwand. Und später habe ich auch mit Farben gearbeitet.

Deine Verbindung/Nähe zum Theater?

Ich habe 1976 Hans Gratzer kennen gelernt. Da war er noch im Kärntnertor-Theater und hat Elisabeth I inszeniert und ich konnte während der Proben zeichnen. Gratzer hat kurz danach das Schauspielhaus Wien gegründet und ich verfolgte einige Produktionen. Es war eine tolle Zeit! Gratzer war für Wien in dieser Zeit eine Bereicherung! Im Jahre 1982 habe ich mit meiner damaligen Frau George Tabori und seine legendäre Theatergruppe kennen gelernt. Bei einem Gastspiel anlässlich der Wiener Festwochen wurde im Museum des 20. Jhdts. das Stück „Der Untergang der Titanic” von Hans Magnus Enzensberger aufgeführt.

Hast Du Lieblingsautoren oder –stücke?

Ja, durchaus z.B. H. M. Enzensberger und die Franzosen, (z.B. Raymond Roussel, Georges Bataille, Guillaume Apollinaire, Pierre Klossowski). Oskar Panizza „ Das Liebeskonzil“ und Psichopatia criminalis.

Gehst Du hin und wieder heute in St.Pölten oder in Wien ins Theater oder ist Dein Leben genug Theater?

Ja von Zeit zu zeit in das Festspielhaus St.Pölten, aber wirklich beeindruckt hat mich die letzte Produktion von Christoph Schlingensief im Burgtheater „Area 7 Matthäus Expedition“. Weil das war ein unfassbares Gesamtkunstwerk, wo nicht nur der Zuschauersaal bespielt wurde, die Drehbühne sich gedreht hat und ein miefiger Keller wurde hineingebaut, kaputte stinkende Fische lagen herum und eine Japanerin erklärte einem toten Hasen etwas. Es war ein Stationentheater, personifiziert waren Nitsch und andere Künstler, auf einer riesigen Josef Beuys-Maske ritt Michael Jackson. Auch als Zuschauer ging man mit und ich ritt auf dieser Maske. Die Methode der Gleichzeitigkeit der Spielorte sah ich 1976/77 auch bei Projekten von Ruben Fraga im Dramatischen Zentrum Wien. Die Alma-Inszenierungen von Paulus Manker sind ähnlich aufgebaut.

Dein momentanes Projekt?

Kann ich nicht sagen, weil es noch nicht offiziell ist. Ansonsten – angeregt durch das Interview und als Heftkünstler – werde ich weitere unveröffentlichte Fotos herausgeben.

Dann danke ich Dir für die sichtbaren Photos dieses Heftes, die Du uns aus Deinem großen Archiv zur Verfügung gestellt hast! mehr...

63/Alles Theater: Eva Riebler-Übleis im Gespräch mit dem Schauspieler, Regisseur und Autor Klaus Haberl

Klaus Haberl
Auf der Bühne des Westend

Auf der Bühne des Wiener Cafés West trafen der Schauspieler, Regisseur und Autor Klaus Haberl und Eva Riebler-Übleis einander.

Auf den Schultern berühmter Vorläufer hat man eine bessere Startposition. Könnte man bei Dir als Sohn eines NÖ/Wiener Bäckermeisters Ferdinand Raimund als Vorbild sehen?

Ja, ich sehe mich schon in der Tradition des Volkstheaters, wobei es bei mir im Bereich des „Zeitgenössischen Volkstheaters“ liegt. Es gibt natürlich die Parallele des Dramatikers und Schauspielers.

Du schreibst Theaterstücke und spielst im eigenen Stück dann die Hauptrolle, die Du Dir auf den Leib geschneidert hast.

Das ist bei mir nicht wie bei Nestroy oder Raimund, ich habe bis jetzt noch keine Rolle in einem von mir geschriebenen Stück gespielt!

Aber ich kenne Dich doch aus St. Pölten als Schauspieler diverser Stücke und Deinem Stück „Lieblinge des Himmels“!

Ja, „Lieblinge des Himmels“ war ein Stückauftrag, den ich von Isabella Suppanz, der Intendantin des Landestheaters bis 2012, bekommen hatte. Ich habe es geschrieben und mit dem Ensemble des Landestheaters selbst inszeniert. Leider ist es ja so, dass bei der Neuübernahme das bestehende Ensemble zu großen Teilen ausgetauscht wird.

Das heißt, Du hast Dich ab 2012 vermehrt auf das Schreiben verlegt?

Ich beschäftige mich schon seit Langem mit dem Schreiben. Um das nötige Geld zu verdienen, bin ich allerdings schon auf Aufträge als Schauspieler und Regisseur angewiesen!

Der Lyrikband, der unter den Rezensionen dieses Heftes vorgestellt wird, ist ja bereits Dein zweiter Band.

Ja, „Auf den Treppen der Erde“ ist im Juni 2015 in der Edition Lex Liszt 12, das ist die Hausnummer des Verlagsleiters, erschienen.

Ist dies ein Band, der eine persönliche Betroffenheit wegen des Verlustes des festen Arbeitsplatzes in St. Pölten beinhaltet?

Nein, das wäre für mich kein adäquater künstlerischer Ausdruck! Persönliche Betroffenheit interessiert den Leser, die Leserin nicht.

Du bist also kein Wiener Raunzer?

Ich bin zwar Wiener, aber zu raunzen und zu jammern zieht einem runter! Ich brauche einen klaren Kopf und Energie für meine derzeitige Arbeit.

Was sind Deine derzeitigen Arbeitsbereiche?

Ich inszeniere im Moment die Boulevardkomödie „Hier sind Sie richtig“ von Marc Camoletti und im Februar beginnen die Proben zu „Becket oder die Ehre Gottes“ an der Freien Bühne Wieden, wo ich spielen werde.

Welches ist Dein Favorit?

Wenn ich mich entschließe, eine Arbeit zu machen, ist sie für mich gleichwertig, egal ob als Regisseur oder Schauspieler. Wobei die Regieaufträge im Moment zahlreicher sind, als die Engagements als Schauspieler. Ich freue mich sehr im Sommer mit dem Ensemble der Volksbühne Waidhofen an der Ybbs das Stück „In 80 Tagen um die Welt“ zu inszenieren. Dies ist bereits meine 3. Inszenierung für die Sommerspiele Waidhofen. Das Theater lebt thematisch von den großen Themen Liebe, Lust, Leid und Tod!

Welche interessieren Dich am meisten?

Im Moment ist es so, dass die Arbeiten im Komödiantischen liegen! Das heißt die Lebenslust steht im Vordergrund.

Wirst Du dabei lustiger?

Natürlich ergibt sich dadurch auch eine Leichtigkeit und die Möglichkeit die Dinge nicht allzu ernst zu nehmen.

Färbt dies auch auf das Privatleben ab?

Das Familiäre ist für mich stets das Hauptsächliche und stellt für mich eine wesentliche Grundlage dar. Authentisch in der Lyrik oder als Schauspieler ist man aber vor allem aus der persönlichen Gefühlswelt heraus. Auch das moderne Theater geht Richtung Eingemachtes, d.h. „das Herz aus der Brust reißen“. Natürlich ist die Wurzel für den künstlerischen Ausdruck persönliches Erleben! Ich bin allerdings der Überzeugung, dass ein allgemeingültiger Ausdruck eine Überhöhung braucht. Wenn persönliche Betroffenheiten im Vordergrund stehen, wird der Betrachter eines Stückes oder der Leser eines Buches unfreiwillig zum Voyeur. Es liegt anscheinend in der Natur des menschlichen Lebens, dass wir mit den oben beschriebenen Themen konfrontiert werden. Es gibt eben auch die Schattenseiten des Lebens!

Ist das Theater ein Instrument zur Lebensbewältigung?

Ich meine, dass das Theater nicht dazu da ist, um persönliche Dinge zu klären. Es hat mit Psychoanalyse nichts zu tun. Theaterspielen als Therapie ist wie malen oder musizieren aus diesem Grund und hat mit der universellen Funktion der Kunst ja nur wenig zu tun. Findest Du, dass der Zugang zur Kunst durch Therapieformen möglich sei? Das glaube ich schon, allerdings ist es dann eine ganz klare therapeutische Form. Im Bereich des professionellen Schauspiels oder des Regiebereichs wird es wohl jedem Menschen selbst überlassen sein, bis zu welchem Grad er persönliche Dinge zulässt.

Als Pädagoge wollte ich stets den Zugang zum Theater durch Vermitteln von Schülervorstellungen im Klassenzimmer oder im Theater aufbereiten. Wie überwindet man Deiner Meinung nach die Schwelle?

Ich glaube in unserer hochdigitalisierten Welt hat es das Theater nicht leicht, Jugendliche zu erreichen! Es beginnt schon damit, dass es kaum Stücke gibt, die sich mit ihrem persönlichen Leben auseinandersetzen.

Auf diesem Sektor hat sich in den letzten 20 Jahren ja viel getan. Denkt man an die Kinder- und Jugendbücher oder –stücke!

Das stimmt, das ist natürlich eine sehr positive Entwicklung. Trotzdem scheint es nach wie vor so zu sein, dass das Theater für Jugendliche keine wirkliche Attraktivität darstellt!

Vielleicht ist es so, wie überall in der Kunst! Kunst ist ein Minderheitenprogramm und wird nur von 4% der Bevölkerung angenommen…

Tatsächlich? Dann ist Kunst ja ein reines Luxusprodukt! Es ist ja so, dass man sie für das Leben nicht wirklich braucht! Allerdings weiß ich, dass sie für viele Menschen lebensnotwendig werden kann! Unter Umständen sogar lebensrettend!

Und wer ist ein guter Schauspieler oder Stückeschreiber?

Zuerst muss er das Handwerkszeug haben und dann wird jemand, der eine reiche Lebenserfahrung hat, ein facettenreicher Künstler sein! Das heißt, wo Leid ist, ist Freude! Der Künstler schöpft aus beiden!


Klaus Haberl
Geb. 1957 in Wien ist Schauspieler, Regisseur, Dramatiker und Lyriker. Engagements u. a. am Volkstheater Wien, Theater in der Josefstadt, Städtische Bühnen Münster, Wiener Festwochen Soloprogramm „ich will kein inmich mehr sein“ in Frankfurt, Budapest und Wien Freie Theaterszene Wien. 2007 - 2012 Ensemblemitglied am Landestheater Niederösterreich. Film – und Fernsehen u. a. „Der Leihopa“, „Der Tod des Tänzers“ (Tatort), „Heldenfrühling“, „Die Leute von St. Benedikt“, „Kommissar Rex“.
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