Veranstaltungen

Freiburger Barockorchester: Bejun Mehta. Rez.: Eva Riebler

Eva Riebler
Höchste Virtuosität

 

Freiburger Barockorchester
Bejun Mehta

Festspielhaus St. Pölten, Großer Saal
05.12.12, 19.30 Uhr
Ombra Cara: Georg Friedrich Händel
Violine und Leitung: Petra Müllejans
Solist/ Countertenor: Bejun Mehta
Dauer 120 Min. inkl. Pause

Das Freiburger Barockorchester feiert die Saison 2012/13 sein 25igstes Jahr, gastierte in internationalen Konzert- und Opernhäusern und ist berühmt, nicht nur für das vielfältige Repertoire, sondern für das transparente Musizieren. Dass auf die Ausdrucks- und Lebenskraft besonderen Wert gelegt wird, sieht man bereits an der Stehposition der Streicher, die als Voraussetzung für den mitreißenden Duktus gesehen werden kann.

Ein Klangkörper, der für äußerste Präzision steht und ein großartiges Erlebnis bot. Die Paarung mit der Countertenorstimme eines Bejun Mehta, der von New York bis London auf den Opernbühnen zuhause ist und erstmals in St. Pölten gastierte, garantierte für einen besonderen Abend. Sein Gesang der sechs Arien aus “Riccardo Primo, Re d'Inghilterra“, „Agrippina“, „Rodrigo“, „Radamisto“ oder „Orlando“ u.a. war unüberbietbar und einfach großartig und einzigartig!

Freiburger Barockorchester: Bejun Mehta. Rez.: Eva Riebler

Chick Corea Trio. Rez.: Franz Reichel

Franz Reichel
Weltklasse in St. Pölten

 

Chick Corea Trio
Festspielhaus St. Pölten, Großer Saal
20.11.12, 19.30 Uhr
The Chick Corea Trio:
Klavier: Chick Corea
Kontrabass: Christian McBride
Schlagzeug: Brian Blade

Das Chick Corea Trio fand ein gut besuchtes Festspielhaus vor. Der Leader Chick Corea begrüßte das Publikum und das Programm wurde schlicht als „Work in Progress“ vorgestellt. Das Trio brachte einige bekannte Themen in typischen Chick Corea Arrangements zum Klingen und die einzelnen Solisten spielten sich virtuos die musikalischen Bälle zu. Verglichen mit früheren Besetzungen ist Chick Corea mit seinem Bassisten Christian McBride und dem Drummer Brian Blade ein toller Griff gelungen. Alle drei Musiker beherrschen einen subtilen in allen Schattierungen von pianissimo bis fortissimo reichenden modulierten Sound.

Der Leader plätschert typisch einleitend am Klavier, gibt das Thema vor und es entwickelt sich ein Zwiegespräch zwischen Piano und Bass, in das der Drummer feinfühlig und dezent einsteigt. Diese musikalische Kommunikation swingt dann plötzlich und wird weggetragen von der Dynamik des Rhythmus und der Empathie der Interpreten. Besonders Blade fiel durch sein nuancenreiches und einfühlsames Trommelspiel ebenso wie McBride am Kontrabass durch exzellente Soloeinlagen auf.

Chick Corea, eigentlich Armando Anthony Corea, wurde 1941 in Chelsea/ Massachusetts geboren und gilt als Jazzlegende. Bereits im Alter von vier Jahren lernte er klassische Musik am Klavier zu spielen. Früh entdeckte er den Soul Jazz und fand später zum Fusion Jazz-Rock. Mit seinem zweiten Album Now he sings wurde er 1968 weltbekannt. Im selben Jahr ersetzte er den Klaviervirtuosen Herbie Hancock in Miles Davies Band. 1970 verließ er die Band, veranstaltete viel Solo-Projekte und gründete in den daraufkommenden Jahren viele Gruppen u.a. Return to forever (1971-1978) mit der er das Album Light as a father aufnahm, das Chick Coreas berühmteste Komposition Spain beinhaltet. Im Jahr 2000 nahm er gemeinsam mit dem Londoner Philharmonic Orchestra das Album corea.concerto mit einer dreisätzigen Orchesterfassung von Spain auf. Sein zweites Klavierkonzert The continents wurde im Mozartjahr 2006 mit dem Bayerischen Kammerorchester in der Wiener Staatsoper uraufgeführt.

Brian Blade wurde 1970 in Shreverport/ Louisiana geboren und spielte mit Größen wie den britischen Jazz-Saxophonisten Courtney Pine und den Amerikaner Kenny Garrett, der US-Soul- und Jazzsängerin Norah Jones und dem US-Musiker und Lyriker Bob Dylan oder der britischen Musikerin Marianne Faithfull. 2008 wurde er von den Lesern der Zeitschrift Modern Drummer zum besten zeitgenössischen Jazzschlagzeuger gewählt

Der Jazz-Bassist Christian Lee McBride wurde 1972 in Philadelphia/ Pennsylvania geboren. In seiner Schulzeit spielte er Rhythm an Blues bevor er sich der Jazzmusik zuwandte. Neben vielen Auftritten u.a. mit Bobby Watson, Freddy Hubbard und Ray Brown, seiner Arbeit als Bandleader und Sideman unterrichtet er an der Berklee School of Music Meisterklassen und am Henry Mancini Institute.

Das Trio tourte bereits erfolgreich durch die USA und durch Japan. In St. Pölten gab es zwei Draufgaben, wovon die letzte Spain war, das in einem gediegenen Improvisationsrausch den Abschluss eines erfreulichen Jazzabends bildete. Das Publikum belohnte mit Standing Ovations. Ein Abend im Festspielhaus mit Weltklasseniveau.

Chick Corea Trio. Rez.: Franz Reichel

Leif Ove Andsnes: Mahler Chamber Orchestra. Rez.: Eva Riebler

Eva Riebler
2x2

 

Leif Ove Andsnes
Mahler Chamber Orchestra

Festspielhaus St. Pölten
Montag, 19.11.2012, 19:30 Uhr
Mahler Chamber Orchestra
Leitung und Klavier: Leif Ove Andsnes
Dauer: 120 Minuten (inkl. einer Pause)
Programm:
Igor Strawinski: Concerto in D für Streichorchester
Ludwig van Beethoven: Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 C-Dur op. 15
Igor Strawinski: Oktett
Ludwig van Beethoven: Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 c-moll op. 37

Das 1997 von Claudio Abbado gegründete Mahler Chamber Orchester ist mit dem Klaviervirtuosen Leif Ove Andsnes des öfteren auf internationalen Festivals auf Tour. Dies merkte man an der reibungslosen Übereinstimmung zwischen Dirigent und Orchestermusikern sowie der Bereitschaft dieser, in diesem rasanten Tempo, das Andsnes vor allem im ersten Satz des Beethoven Konzertes Nr. 1 C-Dur vorlegte, zu spielen. Friedrich Gulda war 1967/68 der romantischste und verhaltendste Klavierinterpret dieses Satzes, seither geht die Interpretation Richtung Schnelligkeit.

Nichts desto trotz wusste Andsnes als Klaviervirtuose bei Beethovens Werken großartig zu überzeugen. Das Stravinski Concerto brachte Dynamik und das Oktett stimmte auf andere Hörspuren ein und unterbrach so den Orchesterklang.

Ein ausgezeichnetes Hörerlebnis, das aufgrund des stürmischen Beifalls dem Klaviersolisten eine Zugabe abrang. Ein hervorragender Abend!

Leif Ove Andsnes: Mahler Chamber Orchestra. Rez.: Eva Riebler

DJ Grazzhoppa's DJ Big Band. Rez.: Eva Riebler

Eva Riebler
6+

 

DJ Grazzhoppa's DJ Big Band
Festspielhaus St. Pölten, Bühne
03.11.2012, 19.30 Uhr
DJ Grazzhoppa’s DJ Big Band: DJ Grazzhoppa, DJ Boulaone,
DJ Optimus, DJ Iron, DJ Yzerbeat und DJ Courtasock
Gesang: Monique Harcum

Sechs DJ's an den Plattentellern und die Sängerin Monique Harcum bewegten das Publikum auf der Hinterbühne. Getanzt wurde im Takt der sechs DJ's, die jeweils ein Instrument funkig und jazzig interpretierten. Die Vokalistin begann mit It's a long long road, come follow me und belebte die Szene bis zum Schluss-Set, das u.a. Songs wie Turn it up von Ugly Duckling oder Shazam! von den Beastie Boys brachte.
Vielschichtige Rhythmen vor allem im Break-Beat und Dance-Soul, aber auch Hip-Hop und Funk Kontext begeisterten das Publikum. Unterlegt bzw. hinterlegt wurde der Sound von spacigen Filmen aus den 60er und 70er Jahren mit Blick auf die Erde oder ins Weltraumlabor, wie bei Mission Mind Control. Abwechslung brachten Visuals von Graffitis oder die eingeblendete Streetdance-Szene eines Jugendlichen auf einem Fahrrad.
Alles in allem ein Gesamtkunstwerk, das dominiert war vom Dialog der sechs DJ's untereinander plus der Soulstimme.
So eine hochkarätige 6+ Sound-Party könnte bei einer Regelmäßigkeit von ein- bis zweimal im Monat eine neue Fangemeinde hervorrufen. Ich gehör auch mit 60+ dazu.
Ein gelungener Event!

DJ Grazzhoppa's DJ Big Band. Rez.: Eva Riebler

Nostalgia - W. A. Mozart: Joachim Schloemer. Rez.: Eva Riebler

Eva Riebler
Universalpoesie

 

Nostalgia - Konzertante Inszenierung mit Werken von Wolfgang Amadeus Mozart
Joachim Schloemer

Festspielhaus St. Pölten, Großer Saal
02. Juni 2012, 19.30 Uhr
Uraufführung
Inszenierung: Joachim Schloemer
Musikalische Leitung Lutz Rademacher
Tonkünstler-Orchester Niederösterreich
Philharmonia Chor Wien (Walter Zeh Leitung)
SolistInnen:
Anna Radziejewska (Mezzosopran)
Boglárka Börcsök, Máté Mészáros (Tanz)
Sabine Haupt (Sprecherin)
Maurizio Grandinetti (E-Gitarre) u. a.

Konzertantes Inszenieren heißt wählen und beschränken. Wählen zwischen mehr oder weniger Hervorhebung der Musik oder der choreografischen Umsetzung des Inhaltes. Die Wahl fällt schwer, handelt es sich doch um Arien, Orchester- und Chorkompositionen W. A. Mozarts, um Kompositionsfragmente, kurze Instrumental-Stücke bis hin zum krönenden Abschluss: der Originalfassung des Requiems. Noch dazu spielen das Tonkünstler-Orchester Niederösterreichs unter der Leitung von Lutz Rademacher, singen der Philharmonia Chor Wiens und der Leitung Walter Zehs, die Solistin Boglárka Börcsök und als bravouröses Verbindungsglied zwischen Klassik und Moderner an der E-Gitarre Maurizio Grandinetti. Die Choreografie hat Schloemer optisch im Vordergrund placiert, jedoch nicht permanent. Er durchwirkt vor allem in der zweiten Hälfte die Sänger und die Tänzer und setzt ein wohltuendes Aufbrechen der sonst so starren Grenze zwischen Chor und Handlung. Auch Maurizio Grandinetti transportiert mit seiner E-Musik Aufbruch. Er komponiert die Überleitungen weiter und führt sie wieder zurück zur ursprünglichen musikalischen Form und versetzt aus einer klanglichen Dimension in eine handlungsorientierte Dimension. Auch die szenische Aufbereitung wird sinngebend erweitert, indem die Protagonistin, eine todtraurige Frau, durch drei Personen dargestellt wird. Sie wartet in ihrem Haus am Meer vergeblich auf die Rückkehr ihres Geliebten und spinnt sich immer mehr in vergangenen Alltagserinnerungen ein. Sie blickt zurück und vor, sie sieht sich selbst als alte Frau im Raum sitzen. Dieses Bild mit dem dazugehörigen Text hat Joachim Schloemer dazugefügt, inspiriert von Jon Fosses Roman „Das ist Alise“. Es ist eine Frau, die nicht loslassen kann und keine Übertölpelung ihrer Einsamkeit und Sehnsucht sucht. Sie ist einsam in der Stunde ihres Todes, so wie es ihr Geliebter im Segelboot am Meer war. Die Choreografie wird hervorragend von Máté Mészáros und Boglárka Börcsök, beide aus Ungarn, getanzt und Sabine Haupt stellt als Schauspielerin das zweite Ich der Frau dar. Als unter die Haut gehender passender Schluss, als Sinnbild des Unfertigen, dient das Fragment des Requiems von Mozart in d-Moll.

Nicht nur hochkarätige Musik und Gesang sondern durch die optimale Perspektivenwahl und Ausdrucksform der Tänzer wird das Sujet des Verlassenseins und nicht Loslassen-Könnens, des inneren und äußerlichen Sterbens genau in den Blick gerückt.

Die Uraufführung Nostalgia war eine gelungene Universalpoesie, ein großartiger Schlusspunkt des Festspielhauses für die Saison 2011/2012.

Nostalgia - W. A. Mozart: Joachim Schloemer. Rez.: Eva Riebler