»Eines Tages verschwand Karola«
Judith Gruber-Rizy: Eines Tages verschwand Karola
Roman, 250 Seiten
Verlag Wortreich, Wien 2018
ISBN 978-3-903091-43-6
Fährtensuche
Die Erzählerin des Romans »Eines Tages verschwand Karola« heißt Rosa. Sie erzählt vom plötzlichen Verschwinden einer Freundin, eben von Karola. Dieses Ereignis fanden jedoch fünfundzwanzig Jahre vor dem Erzählten statt. Dabei stützt sich Rosa nicht nur auf Erinnerungen, sondern auch auf schriftliche Aufzeichnungen, aus denen sie damals einen Roman gestaltet hat.
Kernpunkt der Erzählung ist, dass sich kurz nach dem unerklärlichen Verschwinden von Karola eine weitere Freundin, nämlich Antigone, eingeschaltet hat. Diese hatte Karola zwar nicht persönlich gekannt, machte sich jedoch sofort auf, die Verschwundene zu suchen und nahm mit Rosas Hilfe Kontakt zu Karolas Mutter sowie ihrem Arbeitgeber auf. Was dabei zutage tritt, ist ungewöhnlich und unerwartet, und vor allem nimmt die Geschichte einen Verlauf, den niemand vorhersehen konnte.
Die 1952 in Oberösterreich geborene Autorin Judith Gruber-Rizy legt mit ihrem im Wiener Wortreich Verlag erschienenen Buch eine Charakterstudie dreier Frauen vor. Das Verschwinden Karolas sieht insbesondere die Erzählerin Rosa als eine Art Wendepunkt. Während die beiden Frauen in Karolas Lebensgeschichte immer mehr Ungereimtheiten und falsche Annahmen aufdecken, kündigen sich in Rosas und Antigones Leben allmählich Veränderungen an, die gelinde gesagt alles Gewesene auf den Kopf stellen und die Beziehungen zueinander neu ausrichten.
Rosa spricht einerseits aus der Distanz und flicht andererseits Passagen ihrer während der Suche nach Karola geschriebenen Aufzeichnungen ein. »Eines Tages verschwand Karola« ist ein spannender, aber auch angenehm ruhiger Roman, geschickt entworfen und entwickelt, geschrieben in einer exzellenten und ästhetischen Sprache, wie man sie heute leider nur mehr selten findet. Das Buch sei somit wärmstens empfohlen.
KLAUS EBNER