Ana Marwan: Verpuppt
Ana Marwan:
Verpuppt
Aus dem Slowenischen
übersetzt von Klaus D. Olof
Salzburg - Wien: Otto Müller
Verlag 2023, 217 Seiten
ISBN 978-3-7013-1302-0
Irrenhaus oder Ministerium? Es ist der zweite Roman der in Slowenien geboren und aufgewachsenen Autorin, die in Ljublijana Vergleichende Literaturwissenschaft studiert hat und seit ihrem Romanistik-Studium in Wien lebt und arbeitet. Und es ist ihr erster Roman als Ingeborg-Bachmann-Preisträgerin, die „Oh, Ingeborg!“, natürlich im Buch Erwähnung findet.
Den renommierten Preis hatte sie 2022 mit ihrem Text „Wechselkröte“ gewonnen. Und bleiben wir gleich bei Ingeborg Bachmann: Die Fiktion ist dem Menschen zumutbar.
Denn in Anna Marvans Roman „Verpuppt“ sind die Grenzen nicht so klar gesteckt und das erweist sich als reizvolles Spiel. Gehen wir mit einer Alltagsperspektive in den Roman hinein, gehen wir vielleicht davon aus, dass sich die Haupt-Protagonist:innen Rita und Jež sowie Nebenfiguren wie Frau Klammer, Frau Lah oder Lidija Šmit frei in einer Gesellschaft bewegen. Doch nach und nach kommen Zweifel auf. Befindet sich diese Illustre Gesellschaft tatsächlich im Verkehrsministerium in der Abteilung für Raumfahrt oder ist es doch eine Irrenanstalt?
Wer spricht in den inneren Monologen zu uns? Ist es Rita? Sind das ihre therapeutischen Gespräche?
Ähnlich wie in ihrem Erstlingsroman „Der Kreis des Weberknechts“ (2019) steht die Beziehung zwischen einer Frau und einem Mann im Zentrum. Eine gesunde und berechtigte Skepsis zur derzeit vielzitierten „normalen“ Gesellschaft wohnt ihnen inne. „Gestörte ins Theater zu begleiten ist eine mindestens so gute Tat wie Lammfleisch zu essen, das von einem Flüchtling zubereitet wurde“, lässt das Buch auch die so genannte Gutmenschengesellschaft nicht ohne Kritik. Ana Marwan, Chefredakteurin der Zeitschrift „Literatur und Kritik“, schreibt ihre Kurzgeschichten, Gedichte und Romane auf Deutsch und Slowenisch. Den 2021 auf Slowenisch erschienen Roman übersetzte Klaus Detlef Olof. Diese ist offensichtlich gelungen, weil sie die sprachliche Brillanz des Textes wiedergibt.