Veranstaltungen

Mahler: Symphonie Nr. 9

Eva Riebler

Festspielhaus St. Pölten

10.6.2024

Yutaka Sado, Dirigent

Tonkünstler-Orchester

Gustav Mahler: Symphonie Nr. 9 D-Dur

 

Mit Yutaka Sado stand der in Tokio, Luzern, Dresden, Berlin usw. sehr erfolgreiche Dirigent und nun Musikdirektor des Hiroshima Symphony Orchesters am Pult. 

Die eindringliche, geballte Art und vorstoßende Dynamik eines Yutaka Sado ist natürlich unnachahmlich. 

Der erfahrene Dirigent ließ die bewegte Natur wie die ungestüme Gewitterwelt verebben. Flöten, zwei Harfen und Streicher drängten und ließen dann los – bzw. umgekehrt: Zuerst die Ruhephase und dann die Steigerung. Anklänge an frühere Motive und Mahlers Jugendzeit waren deutlich hervorgehoben. 

Sehr schön auch der dreimalige Ansatz im ersten Satz – andante comodo – zum Walzer von Johann Strauß: Freuet euch des Lebens. Weiters zitierte Mahler  in absteigenden Sekundenschritten das Lied von der Erde oder Beethovens Klaviersonate Les Adieux, die er 15-jährig zu Beginn seines Studiums gespielt hatte. 

Abwechslungsreichwunderbar und schön wienerisch gelang auch die Einheit: Walzer, Ländler und Menuett mit dem Topos des Totentanzes. Und wie Beethoven oder Bruckner kam Mahler zu keiner vollendeten 10. Symphonie. Bereits diese 9. wurde erst nach seinem Tod 1912 in Wien von den Wiener Philharmonikern unter Bruno Walter uraufgeführt.

Ein beeindruckendes sehr spannendes Musikerlebnis!

 

PROKOFJEW & RACHMANINOW

Eva Riebler

Grafenegg, 25.5.2024

Auditorium

PROKOFJEW & RACHMANINOW

 

Tonkünstler-Orchester Niederösterreich

Andreï Korobeinikov (Klavier)

Hugh Wolff (Dirigent)

 

Einführung: Reitschule mit Harald Haslmayer

 

Als österreichische Erstaufführung ein spannendes Entrée mit „Escaramuza“ von Gabriela Lena Frank, die ihre vielfachen Herkunfts-Wurzeln springlebendig verarbeitet hat. Die traditionelle Kachampa-Musik wirkt weder touristisch noch religiös zu Ehren der Gottesmutter, sondern einfach rhythmisch stark und fröhlich aufbauend. Einfach begeisterungswürdig und fulminant! 

Frank verwirklichte ihr Motto: Schönheit durch Klang!

Sergej Prokofjews Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 rief den weltberühmten Solisten Andrei Korobeinikov an die Klaviertasten. Bei der Uraufführung 1912 setzte sich Prokofjew selbst ans Klavier und feilte an der Technik, trotzdem war das Publikum aufgrund der gewaltigen Komposition überfordert und verließ den Saal. Der besonderen Technik bedarf es aufgrund einer ca. 6-minütige Kadenz in der Mitte. Die Wucht, mit der Korobeinikov spielt ist  so gewaltig, dass man keine Note verpassen mag. Die Bläser binden das rasende Klaviersolo wieder gekonnt in das Orchester ein, um einen friedlichen Abschluss gestalten zu können. Der Pianist zeigt keine Ermüdung und goutiert den rasenden Beifall mit einer ebenso stürmisch vorwärtsdrängenden Komposition.

Sergej Rachmaninows symphonische Tänze sind seiner russischen Heimat geschuldet. Es geht ihm nicht so sehr um das Tanzbare, sondern um das russisch Traditionelle, da er Russland verlassen hatte müssen. 1940 komponierte er die Tänze, 41 wurden sie in Philadelphia aufgeführt und bereits im Jänner 43 waren sie nach seinem Tod sein letztes großes Vermächtnis und erinnerten an sein Geburtsland. Dies war ja stets sein Ansinnen: Der

Komponist soll seine verinnerlichte Heimat ausdrücken.

Das ist ihm großartig gelungen. Er hat sich selbst ein großartiges Denkmal gesetzt!

Die eindrucksvolle Querflöte und die ausgezeichneten Blechbläser schwangen sich zum Halleluja des jüngsten Tages empor und ließen die Tänze im Todestanz ausklingen.

Ein einmaliges Konzert, in dem man die gelungene jahrelange Zusammenarbeit (seit 2008) des amerikanischen Dirigenten Hugh Wolff mit den Tonkünstlern miterleben konnte!

Festspielhaus St. Pölten

Eva Riebler

Festspielhaus St. P.   19.2.24

BRUCKNER 7. Tonkünstlerorchester mit Yutaka Sado

Feuer und Flamme!

Wenn man aus diesem Konzert hinausgeht, ist man nicht nur Feuer und Flamme für Bruckner, sondern auch wieder einmal für Yutaka Sado als einfühlsamen Dirigent und die qualitativ hervorragende Besetzung des Orchesters der NÖ Tonkünstler!

Im Wolkenturm Grafenegg würde man ein sanfte wellenartige Pianissimo kaum so erleben können, wie hier in St. Pölten. Das Aufgewühlt-Sein des Adagios zu Beginn des ersten Satzes sowie die Komposition der dreifach steigenden Tonfolge, die so markant für Bruckner ist, war wirklich faszinierend und aufwühlend. Wie in Trance war es vollendet mit geschlossenen Augen zu genießen.

Wahrlich ein großartiges Konzert, dass wie die Botschaft des Te Deums Bruckners in die Ewigkeit eingeschrieben ist: … non confundar in aeternum – wird in  Ewigkeit nicht untergehen!

WU TSANG. Züricher Kammerorchester MOBY DICK, or,The Whale

Eva Riebler

15.4.23  Festspielhaus St. Pölten

WU TSANG. Züricher Kammerorchester

MOBY DICK, or,The Whale

Nach dem Roman von Hermann Melville

 

 

Der Wal sind wir! Wir sind Wale.

Ein wunderbares Streicherorchester aus Zürich unter der Leitung des berühmtesten Spezialisten für Live-Film-Dirigate (von John Williams autorisiert f. der weiße Hai, Indiana Jones, E.T. u. a.) in Europa: Wie ein Requiem beeindruckt die Live-Begleitung der 15 Streicher zu Bildern aus dem Kosmos und dem Wasser, vom Segelschiff und deren Besatzung. Nicht die Handlung steht im Vordergrund, sondern es ist ein hochkarätiges Gesamtkunstwerk.

Eine Welt mit wenig gesprochener Sprache und vielen virtualen Eindrücken, performt von der Filmemacherin Wu Tsang aus Massachusetts. Sie arbeitet mit ihrem Kollektiv Moved by the Motion am Schauspielhaus Zürich und gestaltete das Konzept gemeinsam mit und nach dem Drehbuch von Sophia Al-Maria. Eine gute Adaption nach dieser Quelle des über 100 Jahre alten, großen Romans Moby Dick. Die erste Szene beginnt mit dem Motor der Menschheit, mit „Arbeit“, mit dem Anheuern und dem Wühlen im Spermazeti des Wales. Das Ende ist der Tod des Wales sowie der Besatzung.

Gehst du zur See, gibt es kein Ich, kein Du, nur Wir.

„Whales are beyond us/We are whales.“

Der Wal sind wir! Wir sind Wale.

 

Werkstattgespräch Landestheater St. P. 19.1.23

Tatjana Eichinger

Landestheater NÖ 19.01.23  Werkstattbühne

Transformationsbüro: „Der utopische Raum“

Ilija Trojanow im Gespräch mit Alexander Behr

 

„Die Klimakrise ist etwas Dringliches.“ Alexander Behr, Politikwissenschaftler, Journalist und Aktivist, betont diesbezüglich den „Sense of Urgency“ und fordert solidarische Allianz.

 

Im Gespräch mit dem Autor und bekennenden Utopisten Ilija Trojanow, berichtet Behr vom solidarischen Aktivismus in Lützerath wo Aktivist*innen versuchten das Abbaggern eines Dorfes und die Förderung der darunterliegenden Braunkohle zu verhindern. Trotz ihres Scheiterns, hätte der Kampf um eine bessere Welt Hoffnung gegeben und einen Transformationsprozess bei Betroffenen und Aktivist*innen ausgelöst. Klimagerechtigkeit, nachhaltiges Konsumieren, Lieferkettengesetze, die Marktmacht der Supermarktketten, offene Grenzen und Entschleunigung waren zentrale Themen, wie sie Alexander Behr auch in seinem neuen Buch „Globale Solidarität“ erläutert.

Trojanow und Behr waren sich einig, dass man nur über die Empathie zur Solidarität gelangen kann, dass es bei sozio-politischen Konflikten mehr menschlichen Austausch braucht. Diesem wurde in der anschließenden Publikumsdiskussion Raum gegeben, Anwesende plädierten für persönliches und politisches Engagement, der Ärger über politische Entscheidungsträger und Berichte über Proteste und Aktionen wurden an- und ausgesprochen.

 

Der Abend klang mit einem Glas Wein aus, Ilija Trojanow und Alexander Behr mischten sich unter das Publikum und ein anregender Austausch fand statt. Empathie und Menschlichkeit. Bitte mehr davon!