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Silvester- und Neujahrskonzert. Rez.: E. Riebler

Eva Riebler
ANSPRUCHLOSES

 

 
SILVESTER- UND NEUJAHRSRKONZERT
Tonkünstler-Orchester Niederösterreich
Festspielhaus St. Pölten
, großer Saal

03.01.10, 11 Uhr und 16 Uhr

Dirigent: Alfred Eschwé
Solisten:
Sopran : Daniela Friedl
Tenor: Michael Ende

 

Programm:
Franz von Suppé: Ouvertüre zur Operette „Leichte Kavallerie“
Gaetano Donizetti: Arie aus „Don Pasquale“
Charles Gounod: Faust-Walzer
Sergej Prokofjew: Marsch „Die Liebe zu den drei Orangen“
Georges Bizet: Arie, Suite, Duett aus „Carmen“
Aram Chataschaturjan: Galopp aus der Masquerade-Suite
Pause
Johann Strauss, Ouvertüre „Eine Nacht in Venedig“
Carl Michael Ziehrer: Lied „Liebe schöne Donaustadt“ aus „Der Fremdenführer“
Josef Strauss: Buchstaben-Polka
Emmerich Kálmán „Grüß mir mein Wien“ aus „Gräfin Mariza“
Johann Strauss: “Egyptischer Marsch“
Léo Delibes, „Danse des Éthiopiens“
Emmerich Kálmán: Duett „Mein lieber Schatz“ aus „Gräfin Mariza“
Franz Lehár: Walzer „Ballsirenen“ aus „Die Lustige Witwe“

 

Zwei Tage nach dem Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker sollte man sich kein Neujahrskonzert anhören!

Nicht die Qualität des Orchesters unter dem verdienten Dirigenten Alfred Eschwé ist der Grund, sondern die Auswahl der gebotenen Stücke. Carmen als Ohrwurm und die gängigen Walzer, Ouvertüren und Polkas müssten meiner Meinung nach genügen. Die Arie aus der Oper „Don Pasquale“, vor allem das Lied „Grüß mit mein Wien“ und das Duett „Mein lieber Schatz“ aus der Operette „Gräfin Mariza“ oder das Lied „Liebe schöne Donaustadt“ aus „Der Fremdenführer“ waren mehr als entbehrlich. Wer es romantisch mag, den „hebt der Geigen-Chor tatsächlich zu den Sternen empor“ (Zitat aus „Der Fremdenführer“). Wer sich an den Fanfarenklängen der Eingangsouvertüre Franz von Suppés, am skurril witzigen Marsch Sergej Prokofjews und am flotten Galopp Aram Chatschaturjans oder dem großen Finale, dem Ballsirenen-Walzer, Franz Lehárs ergötzte, dem sind die Lieder aus der „Gräfin Mariza“ zu herzig und zu süßlich gesungen.

Das Streichorchester bewies unter dem Konzertmeister Bijan Khadem-Missagh und Vahid Khadem-Missagh und Lieke te Winkel besondere Sensibilität. Bereits deren lockere Sitzhaltung, die die Arme und Oberkörper nicht durch das massive Anlehnen des Rückens behinderte, war Vorraussetzung für die schwungvolle Leichtigkeit. Dies gab den Streichpartien bewundernswürdige Virtuosität.

Besonders orchestral gelungen waren die zwei Zugaben: Die Tratsch-Tratsch-Polka und der traditionelle Radetzky-Marsch. Die Zuschauer des bis zu den Stehplätzen gefüllten Festspielhauses dankten durch eifriges Mitklatschen.

Ein Lob dem NTO-Orchester und dem mit humorigen Gesprächseinlagen aufheiternden Dirigenten Alfred Eschwé, jedoch freut man sich auf eine Auswahl innovativer, rarer klassischer Stücke im Sinne der Plugged-in-Reihe und auf kreativere Konzepte.

Silvester- und Neujahrskonzert. Rez.: E. Riebler

Bauchklang und Gäste. Rez.: E. Riebler

Eva Riebler
FESTIVAL DER VISIONEN UND KLÄNGE

 

 
BAUCHKLANG UND GÄSTE
Sounds – Sehenswürdigkeiten – Visionen
Festspielhaus St. Pölten
18.12.09, ab 19.30 Uhr Großer Saal, Box, Café Publik
Mitwirkende:
Bauchklang, DVA, Hakim, Violetta Parisini & Band,
Rouda, Ursula Rucker, Markus Köhle,
Matthias Jacisic aka jig & Raul Maia, DJ DSL, Lichterloh

 

Großer Saal:

 

19.30 Uhr: DVA – auf Deutsch: „zwei“ machen Beatbox, Tango, Pop, Akustik- und Electromusik. Ein hervorragendes Duo aus Tschechien, das naturgemäß leider den Sound aus der Konserve einspielte. Dafür waren live dabei die beiden Visualisten Marketa und Magdalena, die mit Overhead und Folien, am Rand der Bühne hockend, zahlreiche Themenbearbeitungen, „Geschichten“ mittels bewegten Figuren, Bildern und/oder Über- und Abdeckungen dieser erzählten. Den Prozess der Veränderung von Bildinhalten durch Überlappung live zu verfolgen, war äußerst spannend. Die Fortsetzung fand dann auf der Leinwand des Café Publik statt.

 

20.15 Uhr: Markus Koehle-Poetry

Markus Koehle aus Wien/Innsbruck ist in St. Pölten kein Unbekannter. War er doch beim Poetry Slam der LitGes St. Pölten bereits als Vorredner und Stimmungsmacher im Cinema Paradiso 2008 eingeladen. Diesmal hatte er seinen zweiten Poetry-Band fertiggestellt und gab daraus Kostproben. Zungenfertig, sicher in Rhythmus und Wortwahl kreierte er Verbal-Erotisches, rezitierte über die unerwiderte Liebe und vollführte moderne Spielarten des Minnegesangs. Markus Koehle unterhielt äußerst geistreich, witzig, spritzig auf höchstem Wortakrobatik-Niveau.

 

20.30 Uhr: Violetta Parisini

Die Sängerin und Pianistin, Songwriterin und Minimal Techno-DJane kommt aus Wien und mit ihr  der Produzent und Musiker Florian Cojocaru. Als ihre Vorlieben bezeichnet sie Lieder über das Verlassen werden, das Lieben oder über die Flucht.

Sie interpretierte jazzig, zwischen Soul und Pop und erntete großen Beifall.

 

22.10 Uhr: Bauchklang und Gäste.

Die fünf international gefeierten Vokalisten Andi Fraenzl (Sänger); Alex Böck, Gerald Huber, Christian Birawsky und Philipp Sageder (Sound) traten unter Rauch und gut platzierten Scheinwerfern auf die Bühne. Die Bässe hämmerten, wie es sich gehört, und die Fans stürmten zur freien Fläche vor der Bühne. Vor allem in St. Pölten sind die Fans zahlreich, nicht nur aufgrund der zahlreichen Auftritte hier, sondern begannen sie doch in St. Pölten 1996 anlässlich der Musical-Produktion „Jesus Christ Superstar“ sich zu formieren.

Die Vokalinterpretationen donnerten mit großer Wucht in popiger, grooviger a-capella Manier. Da ein Zuviel an gleich bleibendem Rhythmus langweilt, wurden interessante Acts mit Ursula Rucker als Sängerin und später mit MC Rouda als französichen Schnell-Rapper eingefügt. Iris Heitzinger und Marlene Wolfsberger, ausgebildet auf der Privat Uni Linz, unterbrachen nach drei/vier Solo Baucklang-Nummern mit hervorragenden modernen, virtuosen Tanzeinlagen. Eine äußerst hochkarätiges Frauenduo, das die sich international bereits einen Namen gemacht hat

Nicht zu vergessen sind die wirklich einzigartigen, oft bestechen einfachen geometrisch dominierten Visuals von Lichterloh, die der Szenerie Tiefe, Witz und ausgeklügelter Plastizität gaben.

 

Weitere inspirierende Aktionen fanden ab Null Uhr in der Box und im Café Publik statt. Die erste Vorstellung in der Box bestritt der Minimal-Geiger Jig, der aus London wieder nach Wien zurückgekehrt ist. Raul Maria aus Porto stellte in seiner Street-Art-Tanzperformance bestimmte psycho-motorische Krankheiten oder Defizite, passend untermalt durch den Geigensolisten, dar.

Gleichzeitig wurden von Hari Partaj, dem enthusiastischen Kunsterzieher am BORG St. Pölten, einfallsreiche, teilweise geografisch angehauchte bewegte Kunst-Fotos oder Autobilder auf die Leinwand im Freien, in der mit Brettern vernagelten verbotenen Stadt, projiziert.

DSL und DJ Barspin agierten als Sound-DJ im Café Publik und riefen, nachdem das klassische Publikum das Haus verlassen hatte, die Clubber und HipHoper auf den Plan, während Ceen, alias Clemens Haas als Visuals/Video, Grafik und Foto-Künstler St. Pöltens die visuelle Schiene im Café hervorragend bestritt.

 

Ein einzigartiger multivisueller und multiakustischer Abend! Eine Nacht der Highlights, die auch den älteren Festspielhausgästen gefiel!

Bauchklang und Gäste. Rez.: E. Riebler

Tango Crash. Rez.: E. Riebler

Eva Riebler
TANGO GOES JAZZ

 

 
TANGO CRASH
Festspielhaus St.Pölten, Hinterbühne
04.12.09, 19.30 Uhr
Show-Einlage der Profitänzer:
Liesl Bourke (Australien) und Federico Farfaro (Argentinien)

Daniel Almada: Piano, Sampler und Elektronik
Martin Iannaccone: Cello, Stimme und Perkussion
Martin Klingeberf: Trompete und Elektronik
Gregor Hilbe: Perkussion und Elektronik
Jenifer Stiller: Visuals

 

Um es vorweg zu nehmen: Es war wieder ein exzellenter Abend!

Elektrotango aus Argentinien und Uruguay, musikalische Skizzen und Sentenzen, aufgelöst, versetzt und gemixt, ausgebaut und variiert, stets verwurzelt im speziellen Sound des Tango.

Daniel Almada hat mit seinem Kinder- und Jugendfreund Martin Iannaccone bereits 1987 eine Duo in Buenos Aires gegründet und bald darauf begonnen Alben heraus zu geben. Die musikalische Richtung, den Stilmix von Elektronische Perkussion, Bass- und Klang-Programmierungen - behielten sie bis heute bei. Das letzte Album unter dem Titel „ Bailá Querida“ wurde im Vorjahr präsentiert und am heutigen Abend auszugsweise eingespielt. Der elektronische Sound geht Richtung Jazz und würde beim Montreux Jazz-Festival oder beim Jazzfestival Saalfelden großen Anklang finden.

Drei Tanzeinlagen und die gekonnten Visuals verbanden lasziven, klassisch getanzten Tango mit moderner Bildbearbeitung. Gezeigt wurden Überblendungen des Tanzpaares wie der Live-Musiker, kurze Ausflüge in die Stadt Buenos Aires, Short Cuts kriegerischer Thematik oder über die einsame Boje im Meer sowie Geschichten vom Sparschwein, das nach Europa gekommen war und vor lauter Abmagerung nicht mehr Tango tanzen konnte.

Ein hervorragender Abend!

Anschließend war DJ-line mit Neo-Tango mit DJ/ane Soozie und Martin und alle Teilnehmer des Mittwoch-Tango-Projektes, das seit Herbst erfolgreich läuft, konnten ihrer Tanzleidenschaft frönen.

Morgen, am 05.12.09 wird das Tangofestival mit dem Workshop dieser Woche bei der Veranstaltung „Tango X“ im großen Festspielhaus beendet werden.

Man darf gespannt sein!

Tango Crash. Rez.: E. Riebler

Bahok. Rez.: E. Riebler

Eva Riebler
GESELLSCHAFTSBILD

 

 
BAHOK
Akram Khan Company/ National Ballet of China
Festspielhaus St. Pölten, Großer Saal
13.11.09, 19.30
Uhr
Premiere: Jänner 2008 Beijing, anschließend Welttournee
Produktion: Farooq Chaudhry
Choreografie und Ausstattung: Akram Khan
Ausstattung: Sander Loonen
Ausstattung und Lichtdesign: Fabiana Piccioli
Musik: Nitin Sawhney
Dramaturgie: Guy Cools
Kostüme: Daydream Nation
Tanz:
Shanell Winlock, Eulalia Ayguade Farro, Kim Young-Jin, Saju,
Cheng-Fang Wu, Zhang Zhenxin, Set-Byeol Lim, Andrej Petrovic

 

“Bahok” heißt auf Bengalisch – Lastenträger. Lastenträger sind wir alle. Dies führten uns die acht Tänzer und Tänzerinnen aus China, Spanien, Süd-Indien (Kerala) Johannisburg, Seoul, Taiwan oder der Slowakei (Bojnice) vor Augen. Der Flughafen, der Transitraum, war der Ort der Begegnung, an dem Verständnis, Unverständnis, Nervosität, Zerstreutheit, Rassismus, Hilfsbereitschaft, Friedfertigkeit, Wut oder Angst entwickelt wurden. Eine Kommunikation mit Hindernissen, mit Barrieren, genährt von Vorurteilen entspannte sich. Der Dialog z.B. mit einer fiktiven Einwanderungsbehörde brachte uns die Sprachproblematik näher, die Schuhe des Vaters im Gepäck ließen traurige Mutmaßungen zu. Jeder hatte seine eigene Vergangenheit, was nicht heißt, dass er diese genau definieren kann und auch eine Zukunft haben muss. Das Wissen um die Herkunft und das Hinwenden zu einer Person, die vielleicht Heimat oder Zuhause sein könnte, waren das Thema.

Jeder trägt seine genetische und kulturelle Gebundenheit und ist Lastenträger auf der Suche nach Identität.

Getanzt wurde in atemberaubendem Tempo mit eingestreuten Solis, Gruppen-Choreografie und spannenden Variationen, die das Thema in Bewegung umsetzten.

Die Company, gegründet 2000 von Akram Khan und Farooq Chaudhry in London und unterstützt vom British Council spielt durchschnittlich vor 70.000 Zuschauern pro Jahr und sie hätte auch in St. Pölten ein volles Haus verdient.

Ein spannendes Tanztheater! Man ist versucht die Aufführung am nächsten Abend noch ein Mal zu besuchen!

Bahok. Rez.: E. Riebler

Rabbit is dancing. Rez.: E. Riebler

Eva Riebler
HASENTANZ IN DER BOX

 

 
RABBIT IS DANCING
Festspielhaus St. Pölten, Box
05.11.09, 19.30
Uhr
Österreich-Premiere
Choreografie, Bühne, Kostüme und Tanz: Eun-Me Ahn
Buddhistischer Priester: Jeonggak
Komposition: Jang Young-Kyu
Live-Musik: Be-Being
mit
Ji Yeon Koh Gayageum (Korean long zither with movable bridges)
Ji Yoon Chun Heageum (Korean vertical fiddle with two strings
Won Il Na Piri (Korean cylindrical oboe with bamboo body)
Joon Il Choi Janggu (Korean hourglass-shaped double-headed drum)
Licht
: Jin-Young Jang

Sound: Young-Hoon Oh

 

In der dunklen Box tanzt ein kleiner, batteriebetriebener, weißer Stoffhase immer wieder rhythmisch zu einem Musikstück, das aus seinem Inneren zu kommen scheint – so die Einstimmung, das Entree, für das folgende Stück.

Wie aber bewegt sich ein ausgewachsener Hase, der keine Duracel-Batterien in sich hat? Die Tänzerin und Choreografin Eun-Me Ahn brachte es auf den Punkt. Langsam, schleichend, vorsichtig mit den Füssen/ Hinterläufen scherend und mit den Händen/ Vorderläufern tastend und kratzend bewegte sie sich um ein rundes Rasenstück. Nach Hasenart fraß sie Gras, öffnete dann die Rasenziegel und eröffnete den Kontakt zum Publikum, indem sie so manchem Zuseher und -hörer weiße Hasenohren auf den Kopf steckte und mit ihm in Hasenart täppisch plauderte und quasi Freundschaft schloss. Einfache Gebärden zeigten große Wirkung.

Sie klopfte auf Oberschenkel, Brustraum und Kopf, nahm ihren Körper als Resonanzraum und war der Hase Klopfer. Körper, Rhythmus und Klang verbanden sich. Neben dem buddhistischen Mönch, der die Zimbeln schlug, wirkte die tanzende Eun-Me Ahn wie ein Hasengott oder eine Schamanin, die alte Praktiken mit moderner Ästhetik verband. Sie war auf der Suche nach Frieden, Glück und Harmonie und vermittelte Freude und Humor dem immer lockerer wirkenden Publikum.

Gott sei dank ließ sie den Playboy-Hasen aus und verspann sich weder in Sexklischee noch ins Rotlichtmilieu, vielleicht ist im fernen Osten ja der Hase kein Sinnbild des weiblichen Betthasen.

Die koreanische Gruppe Be-Being spannte den Bogen von traditionellen Klängen zu modernen und vermittelte auf äußerst spannende Weise zwischen fernöstlicher und westlicher Kultur.

Eu-Me Ahn choreografierte und tanzte eine gelungene Kombination von modernem Ausdruckstanz und starkem japanischem Butoh zu koreanischen Klängen.

Sie choreografierte auch 2002 die Eröffnungsveranstaltung der Fußball WM in Südkorea und erhielt seit 1995 zahlreiche internationale Auszeichnungen.

 

Eine witzige, inspirierende, vergnügliche und empfehlenswerte Produktion für jeden Neugierigen oder Jung-Gebliebenen, der sich natürlich die Eun-Me Ahn Company mit dem Tanztheater „Das Leben der Prinzessin Bari - Eine Symphonie der Künste“ am Samstag, den 07.11.09 im Festspielhaus St. Pölten, großer Saal ansehen muss.

 

Tipp: Ist etwas in der BOX, kann man ohne zu wissen, was es ist, hingehen!

Rabbit is dancing. Rez.: E. Riebler