Ingrid Reichel
ENDLESS SHIT
ROAD TO NIRVANA
NIRWANA
aus dem Englischen von Ursula Grützmacher-Tabori
Arthur Kopit
Landestheater NÖ
Österreichische Erstaufführung
Premiere: 27.01.07, 19.30 Uhr
Regie: Roman Kummer
Dramaturgie: Rupert Klima
Akteure: Karin Yoko Jochum, Charlott Kreiner,
Matthias Lühn, Mirko Roggenbock und Paul Goga
Ausstattung: Ilona Glöckel
Mit der Auswahl des Stückes „Nirwana“ von dem amerikanischen Autor Arthur Kopit richtet Isabella Suppanz wieder mal erfolgreich ihr Augenmerk auf die dramatische Lage im Showbiz. Die Härte erfolgreich zu sein, die Philosophie des Geldes, am Ende die Sehnsucht nach Ewigkeit – „Spuren eingraben im Sand der Zeit“ (Zitat: Protagonist Al). Die Sinnfrage unserer Existenz wird beantwortet in dem Streben nach Unsterblichkeit. Das Stück behandelt in diesem Zusammenhang Schwächen des Menschen - seine Oberflächlichkeit, sein Klischeedenken und seine Ängste, die er in Opferritualen zu kompensieren versucht. Al: „Nonnenscheiße ist heilige Scheiße, wir essen sie, als Zeichen unserer Ernsthaftigkeit. Jerry: „Wir haben Blut getauscht und Scheiße geteilt“.
Der 1937 in New York geborene und lebende Arthur Kopit ist Theater- und Drehbuchautor. Für seine schriftstellerische Tätigkeit erhielt er zahlreiche Preise, unter anderem den Tony Award. Er schrieb den Einakter „Chamber Music“ 1962. „Oh Dad, Poor Dad, Mama's Hung You in the Closet and I'm Feelin' So Sad“ 1963 wurde 1967 verfilmt. Das Stück „Indians“ 1969 kam als „Buffalo Bill and the Indians“ 1976 in die Kinos. 1982 schrieb er mit Maury Yeston das Musical „Nine“. Zu seinen bekanntesten Drehbüchern zählen „Roswell“ und „The Phantom of the Opera“. „Road to Nirvana“ wurde 1989 als Zweiakter in Kentucky uraufgeführt. 1992 wurde es unter dem Titel „Nirwana“ erstmals deutschsprachig in München gebracht.
“Nirwana“ erzählt von Al und Jerry, zwei einstmals befreundeten und mittlerweile heruntergekommenen Filmemachern, die sich nach Jahren der Zerwürfnisse in Hollywood wieder treffen, um ein Geschäft für einen Film abzuschließen, der alles Erdenkliche sprengen soll. Ein Filmgenre des noch nie Dagewesenen, welches für ewige Zeiten alles Andere in den Schatten stellen würde. Der Traum trägt den Namen Nirwana, eine Popikone, deren Leben verfilmt werden soll. Ein Leben, an das sich der durch Leiden zur Erleuchtung gelangte Star nicht erinnern will, weil es zu bedeutungslos und banal für die PR ist. So kommt die Muse Lou in Gestalt einer dummen Blondine gerade recht dem weiblichen Superstar einzutrichtern, sie wäre die Reinkarnation der Pharaonin Hatschepsut – die erste der vornehmen Frauen. Ihren Fans glaubt die Lady ihre Lebensgeschichte frei nach dem Roman von Herman Mellville „Moby Dick“ verkaufen zu können. Nirwana als Kapitän Ahab wird nicht von einem enormen weißen Wal verfolgt und geschluckt, sondern zur Abwechslung von einem „riesigen Schwanz“ aufgesaugt. Um der Absurdität noch eines draufzusetzen, verlangt die unheilvolle Popikone als Zeichen der Treue und Ergebenheit die „Eier“ ihrer Produzenten.
Das Stück ähnelt mehr einem Klamauk als einer Satire. Die Zahl der Klischees überhäuft das Stück und erreicht mehr das Lächerliche als das Absurde. Möglicherweise birgt die „Deutsche Theatersprache“ für die derben Dialoge nicht die nötige Kraft effektiv zu sein. Abgedroschene englische Phrasen wie „ I love you old fucking guy.” - „Ich liebe dich verdammten alten Jungen“ wirken in Deutsch noch müder. Dialogfetzen ähnlich wie „Ich liebe dich alter Freund. Ich wünschte ich wäre schwul, dann würde ich dich ficken.“ oder „Leck mich, leck mich, leck mich!“ bezeugen die Unkomplexität und Langatmigkeit des Stückes. Weiters beraubt die Entwicklung der Sprache in den letzten 20 Jahren das Stück jeglicher Provokation, ist man doch mittlerweile sogar an die Peinlichkeiten von Ali G und seinen Interviews in „Funkenglisch“ im Nachtfernsehprogramm gewöhnt.
So I tell yo men, what I’m thinking:
Leider kann die hier in St. Pölten gebotene gute schauspielerische Leistung das schwach geratene Stück Kopits nicht retten. Karin Yoko Jochum glänzt als gelangweite Barbie im goldenen Swimmdress mit Stöckelschuhen à la Helmut Newton vor dem Swimming-Pool. Immerhin spricht Blondie Lou während ihrer Maniküre mit dem Butler Ramón, gespielt von Paul Goga Spanisch. Matthias Lühn verkörpert eindringlich den schmierigen karrieregeilen Produzenten Al, während Mirko Roggenbock den mit den Nerven völlig ans Ende geratenen Jerry überzeugend spielt. Triumphierend, Charlott Kreiner in der Rolle des Superstars Nirwana. Ausgeflippt kühl und distanziert bringt sie in einem gewagten Hosenkleid ihre sexistische Macht über die zwei Männer auf die Bühne. Das wunderbar karg gehaltene Bühnenbild ermöglicht den Ausblick auf Hollywoods Wahrzeichen und einem Sonnenuntergang mit genügendem Nass für das Szenario der Yuppies am Swimming-Pool.
Letztlich fehlt in der Inszenierung von Roman Kummer die Überwindung heilige Scheiße zu essen, der Kritiker lechzt nach Blut. Wie könnte es anders sein… mehr Blut und Cochones…. Bullshit brother, I fuck yo! Respect!